Wofür die Regierung vorläufig Geld hat

49

Die Ampelkoalition ist an der Aufgabe gescheitert, einen verfassungskonformen Haushalt für das nächste Jahr aufzustellen. Am Montag fielen zwei Aktionen zeitlich zusammen, die letztlich zwei Ausprägungen dieses einen Scheiterns sind: Erstens stellte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage. Der Bundestag hat damit offiziell festgestellt, dass der SPD-Politiker keine Mehrheit mehr im Parlament hinter sich hat. Das Ergebnis der Abstimmung verkürzt seine Amtszeit und ermöglicht die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar.

Zweitens leitete das Bundesfinanzministerium die vorläufige Haushaltsführung 2025 ein. Es hat das Rundschreiben an die anderen Ressorts und die Bundesoberbehörden versendet, in denen erläutert wird, wofür diese nächstes Jahr unter welchen Umständen Geld ausgeben dürfen.

Ungewöhnlich vor Neuwahlen

Üblicherweise wird mit einem Gesetz bestimmt, wofür Mittel bis zu welcher Höhe zur Verfügung stehen. Da der Bundestag nach dem Platzen des Dreierbündnisses keinen regulären Haushalt mehr für das nächste Jahr beschließen konnte, fehlt diese gesetzliche Grundlage. Das ist nach Wahlen nicht ungewöhnlich, jetzt ist es schon vor der Wahl der Fall. Zuletzt wurde im Herbst gewählt, so läuft man dem nun fünf Monate hinterher. Damit könnte die haushaltsgesetzlose Zeit relativ lang werden. Erst muss sich eine Koalition finden, dann muss die neue Regierung einen neuen Etatentwurf auf den Weg bringen.

Selbst wenn sich die nächste Koalition stark an der Vorlage der Vorgängerin orientieren sollte, braucht das seine Zeit. Anschließend muss der Bundestag über den Entwurf beraten und das Gesetz beschließen. Abschließend stimmt der Bundesrat darüber ab. Wenn die Koalitionsverhandlungen zügig liefen, könnte er am 11. Juli im Bundesrat beschlossen werden, hieß es im Finanzministerium. Das wäre die letzte Sitzung vor der Sommerpause.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben vorausschauend geregelt, was finanziert werden kann, wenn es kein Haushaltsgesetz gibt, damit der Staat seinen Aufgaben nachkommen kann und die Bürger die Leistungen erhalten, auf die sie einen Anspruch haben. Der Haushalt gilt als das Königsrecht des Parlaments. Um einen Stillstand zu verhindern, übernimmt die Exekutive – mit einem begrenzten Mandat, damit sie den nächsten Bundestag nicht über Gebühr belastet. Das Finanzministerium verweist in seinem Rundschreiben einleitend auf Artikel 111 des Grundgesetzes: Danach dürfen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung Ausgaben insoweit geleistet werden, als sie nötig sind, „um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen, um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind“.

Ministerien in der Pflicht

Die Fachministerien sind dafür verantwortlich, dass sie die Regeln einhalten. In vielen Fällen können sie 45 Prozent des Haushaltsplans aus dem Vorjahr nutzen. Ausgangspunkt sind für die Bundesregierung die Ansätze und Haushaltsstrukturen des Regierungsentwurfs 2025. Hinzu nimmt sie die begonnenen Beratungen im Haushaltsausschuss des Bundestages. Dies zusammen ist für sie „die Grundlage und die Obergrenze der vorläufigen Haushaltsführung 2025“.

Das Vorgehen der Bundesregierung ist umstritten. Der Staatsrechtler Hanno Kube, der den Artikel 111 im Dürig/Herzog/Scholz-Kommentar analysierte, schreibt dem Planentwurf „eine ergänzend beschränkende, aber keine ermächtigende Wirkung“ zu. Die Ermächtigungen bezögen sich auf Vorhaben, „die ihre Grundlage in Sachgesetzen und im Haushaltsgesetz des alten Jahres finden“. Damit werde dem parlamentarischen Budgetrecht Rechnung getragen. „Dies hat gerade auch dann Bedeutung, wenn der Haushaltsplanentwurf streitig oder auch möglicherweise verfassungswidrig ist.“

In der Anhörung zum Regierungsentwurf 2025 hatten Sachverständige Bedenken geäußert – nicht zuletzt weil die unspezifizierte Einsparverpflichtung („globale Minderausgabe“) ungewöhnlich hoch ist. Zu der globalen Minderausgabe hält sich das Finanzministerium besondere Bewirtschaftungsmaßnahmen vor.