Wie der Milliardenkauf von Techem doch noch klappen soll

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Der milliardenschwere Verkauf des Ablesekonzerns Techem ist abgeblasen, soll aber in einer neuen Variante gerettet werden. „Man hat den Deal zurückgezogen“, sagte Techem-Chef Matthias Hartmann vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Der Kaufvertrag sei gekündigt.

Doch verhandeln Käufer und Verkäufer darüber, die Transaktion mit einer anderen Konstruktion zu erhalten: „Meine deutliche Wahrnehmung ist, dass alle Parteien, die am Tisch sind, stark interessiert sind, zu einer Lösung zu kommen – in welcher Kombination auch immer.“

Hartmann bestätigte damit einen Bericht der F.A.Z. in diesem Monat, wonach die designierten Käufer über einen Plan B nachdenken. Die US-Beteiligungsgesellschaft TPG und der singapurische Fonds GIC wollten den Erfasser von Heizungs- und Wasserkosten für 6,7 Milliarden Euro erwerben.

TPG zog Anfang des Monats aber die Anmeldung auf kartellrechtliche Freigabe bei der Europäischen Union (EU) zurück. Das deutete darauf hin, dass die Amerikaner auch die Kaufvereinbarung kündigen würden. Genau das ist jetzt geschehen. Techem informierte seine Anleiheinvestoren darüber, dass die Anteilskaufvereinbarung durch das Investmentvehikel Blitz F24-461 GmbH – hinter dem TPG und GIC stehen – Gemeinschaftsunternehmen gekündigt worden sei.

Welche Konstellation bietet neu?

Es gebe „zwei, drei Lösungsszenarien, die man jetzt mit Hochdruck diskutiert“, sagte Hartmann vor dem ICFW am Dienstagabend in Frankfurt. Welche, wollte er nicht ausführen. „Ich kann und will nicht darüber spekulieren, ob nicht eine GIC in die Mehrheit gehen könnte. Das obliegt mir nicht.“ Eine Mehrheit von TPG zu „relativieren“ würde die Wettbewerbsbedenken der EU adressieren.

Allerdings ist GIC eher als Ko-Investor mit Minderheitsanteil bekannt – in einem prominenten deutschen Fall beispielsweise im Industriegasehersteller Messer. Zudem ist die Frage, wie sich eine neue Käuferkonstellation auf die Prüfung durch die EU-Kommission auswirkt.

Das bisherige Prüfungsverfahren war für TPG Anlass, sich aus dem jetzigen Verfahren zurückzuziehen, wie über eine Notiz der EU-Kommission im Internet in diesem Monat bekannt wurde. Zwei der drei Verfahrensteile waren dem Vernehmen nach zwar problemlos verlaufen: nämlich die Prüfung auf den Wettbewerb in einzelnen Ländern und auf regelwidrige Drittstaatssubventionen. Hartmann bestätigte das im Kern in seinem Vortrag.

Was die EU aber im Auge hatte: TPG ist neuerdings auch Eigentümer von Aareon, der ehemaligen IT-Tochtergesellschaft des Wiesbadener Immobilienfinanzierers Aareal Bank. Sie bietet großen Wohnungsvermietern Software zur Verwaltung von Immobilien und Mietzahlungen an – und ist ihrerseits Kunde von Ablesekonzernen wie Techem, denn die liefern Daten. „Es gab Beschwerden, dass es hier zu einer möglichen theoretischen Kombination von Techem und Aareon kommen könnte“, sagte Hartmann. Nach seinen Worten hätte sich eine solche Fusion auf den Marktanteil in Techems Kerngeschäft nicht ausgewirkt und seinem Unternehmen auch sonst nicht genutzt. „Ich sähe in einer Kombination der beiden Häuser für das Haus Techem keinen Vorteil.“

Die zweite Runde war zu viel

Die EU wollte in einer zweiten Runde detaillierter beleuchten, ob TPG als Eigner beider Unternehmen den Wettbewerb beeinträchtigen würde. „Die wäre jetzt angelaufen“, sagte Hartmann. Aber auch da hätte Ihnen keiner sagen können, wie lange das dauert.“ Die Aussicht schreckte TPG offenkundig ab. Das Ganze den den Investor dazu bewogen zu sagen, „das Risiko, dass das sechs, neun, zwölf oder fünfzehn Monate wie andere Verfahren dauert – das machen wir nicht“, sagte Hartmann. In dem EU-Verfahren sei die Crux die theoretisch unterstellte Fusion gewesen, betonte Hartmann, nicht sein Unternehmen. „Es lag nicht an der Techem-Zulassung oder an irgendwelchen Regularien – es lag an der Kombinationsmöglichkeit.“

Jetziger Eigner ist seit 2018 ein Konsortium um den Schweizer Finanzinvestor Partners Group. Mit dabei sind die kanadischen Pensionsfonds Caisse de dépôt et placement du Québec (CDPQ) und Ontario Teachers’ Pension Plan (OTPP).

Techem erfasst den Wärme- und Wasserverbrauch in Mehrfamilienhäusern und berechnet die Kosten für die einzelnen Haushalte und ist mit dieser Dienstleistung in Deutschland einer von zwei führenden Anbietern neben Ista. Kunden sind Wohnungsbaugesellschaften, Hausverwaltungen und Eigner in Mehrfamilienhäusern. Das Unternehmen wurde 1952 gegründet und ging ab 1996 durch die Hände mehrerer Finanzinvestoren. Es erzielt etwa eine Milliarde Euro Jahresumsatz und bedient mehr als 13 Millionen Wohnungen in 18 Ländern.