Die Vereinigten Staaten haben die Ausstellung neuer Studentenvisa ausgesetzt. Laut einer Anweisung des Außenministeriums sollen Konsulate im Ausland vorerst keine neuen Interviewtermine für F-, M- oder J-Visa vergeben. Die Entscheidung betrifft internationale Studenten und Teilnehmer von Austauschprogrammen. Bereits geplante Termine sollen stattfinden.
Das Außenministerium bestätigte laut dem Magazin „Politico“, dass es die bisherigen Sicherheitsmaßnahmen bei der Visavergabe prüfen wolle. In Zukunft sollen auch Social-Media-Aktivitäten von Bewerbern untersucht werden. Dazu werde es „in den kommenden Tagen“ neue Richtlinien geben, hieß es.
Hintergrund sind Pläne der Trump-Regierung, ein automatisiertes System zur Bewertung von Social-Media-Profilen einzuführen. Damit sollten so genannte „red flags“ erkannt werden, also Hinweise auf angebliche extremistische oder staatsfeindliche Haltungen.
Algorithmische Vorverurteilung?
Zuvor war ein KI-unterstütztes Pilotprogramm namens „Catch and Revoke“ bereits angelaufen, um missliebige Studenten zu finden und ihre Visa auszusetzen. Dabei geht es nicht nur um offene Gewaltaufrufe, sondern auch um politische Positionierungen. Bereits seit März sollten Konsularbeamte auch neue Bewerber auf Social-Media-Aktivitäten überprüfen, die „Terrorismus unterstützen“ und gegebenenfalls Screenshots anfertigen, wie „The Guardian“ berichtete. Außenminister Marco Rubio könnte diese Prüfung nun auf alle Bewerber ausweiten und auch in ihren inhaltlichen Kriterien erweitern.
Unter Trump wird der Begriff „extremistisch“ zunehmend weit gefasst und auf Pro-Palästina-Posts oder Kritik an amerikanischer Politik angewandt. Mehrere Absolventen und Studenten, wie der palästinensische Columbia-Absolvent und Green-Card-Inhaber Mahmoud Khalil und Rümeysa Ötztürk, türkische Studentin an der Tufts Universität, waren aufgrund ihres propalästinensischen Aktivismus im Frühjahr in Abschiebehaft genommen worden.
Bereits in der ersten Phase des Programms sollen laut Außenminister Marco Rubio „Tausende“ Visa widerrufen worden sein. Ob diese Zahl ausschließlich auf politische Äußerungen zurückgeht, ist unklar. Das Außenministerium gibt offiziell keine Auskunft über Einzelfälle. Wer in die USA kommen wolle, solle weiterhin dem „normalen Prozess“ folgen, sagte eine Sprecherin.
In der vergangenen Woche hatte Heimatschutzministerin Kristi Noem versucht, der Harvard Universität die Berechtigung zur Zulassung ausländischer Studenten zu entziehen. Fast 7000 ausländische Studenten, die an der Hochschule 27 Prozent der Immatrikulierten ausmachen, hätten sich eine andere Universität suchen sollen. Die Maßnahme wurde vorerst gerichtlich gestoppt.
Milliardenbeitrag zur Wirtschaft
Die meisten ausländischen Studenten in den USA kommen aus China und Indien, sie machen zusammen 54 Prozent der Visa-Inhaber aus. Die ökonomische Bedeutung internationaler Studenten für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort USA ist Verbänden zufolge erheblich: Laut der Bildungsorganisation NAFSA (Association of International Educators) belief sich der wirtschaftliche Beitrag internationaler Studenten im Studienjahr 2023–24 auf rund 43,8 Milliarden US-Dollar. Zudem unterstützten sie über 378.000 Arbeitsplätze.
Von den neuen Maßnahmen könnten auch Au-pairs betroffen sein, die über das J-1-Visum ins Land kommen. Bislang gibt es dazu keine offiziellen Äußerungen. Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit mehrfach Visa-Regeln verschärft. Dies betraf insbesondere Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern. Kritiker befürchten, dass Trump versucht, eine generelle Gesinnungsprüfung bei der Einreise zu etablieren.