FC Bayern | Jonathan Tah ist für den Rekordmeister wichtiger als Wirtz

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Dem FC Bayern gelingt mit der Verpflichtung von Nationalspieler Jonathan Tah ein Coup. Nach der Absage von Florian Wirtz ist er der wahre Königstransfer.

Der Schock über die Wirtz-Watschn sitzt beim FC Bayern noch immer tief. Im Schatten des geplatzten Rekordtransfers (für 150 Millionen Euro) von Florian Wirtz, der die Schlagzeilen in den vergangenen Wochen und Monaten bestimmte, ist den Verantwortlichen nun aber heimlich, still und leise ein echter Coup gelungen: Am Mittwochnachmittag absolvierte nämlich Nationalspieler Jonathan Tah erfolgreich den Medizincheck in München. Der Kapitän von Bayer Leverkusen und Ex-Teamkollege von Wirtz wird, vorbehaltlich der Verhandlungen über seine Teilnahme an der Klub-WM, ablösefrei zum Rekordmeister kommen und dort einen Vierjahresvertrag unterschreiben.

Dazu kann man den Bayern nur gratulieren. Warum?

Weil sie Tah viel dringender brauchen als Wirtz, für den sie ohnehin erst einmal noch einen Platz im offensiven Mittelfeld neben Jamal Musiala hätten finden müssen. Ein echter Abwehrchef, wie Tah es in den vergangenen Jahren bei Leverkusen war, fehlt den Münchnern dagegen schon einige Jahre in ihrem Kader.

Der 1,95 Meter große Defensivspezialist bringt alles dafür mit, um die Rolle jetzt auch beim FC Bayern zu übernehmen und endlich diese große Schwachstelle der Mannschaft zu beheben. Dayot Upamecano und Min-jae Kim sind beide vom Typ her eher introvertiert und damit für die Rolle eines lautstarken Anführers nicht geschaffen. Tah, der in Leverkusen nicht ohne Grund zum Kapitän aufstieg, hat sich dagegen in den vergangenen Jahren als solcher etabliert – sowohl bei Bayer, wo er im vergangenen Jahr das Doppel aus Meisterschaft und Pokal gewann, als auch in der deutschen Nationalmannschaft, wo er mittlerweile als gesetzt gilt.

Tah überzeugte in beiden Teams zuletzt mit konstant starken Leistungen. Er ist enorm zweikampf- und kopfballstark, erlaubt sich – im Gegensatz zu Kim und Upamecano – kaum spielentscheidende Fehler, hat eine starke Spieleröffnung und neben seinem stärkeren rechten auch einen sehr guten linken Fuß. Überdies ist er bei Standards extrem torgefährlich: In der vergangenen Saison gelangen ihm vier Pflichtspieltreffer, im Jahr davor waren es sogar sechs. Seine Qualitäten und seine Persönlichkeit werden den Bayern guttun. Ihm ist zuzutrauen, seine Fähigkeiten dort ohne große Anpassungsprobleme direkt einzubringen und die Mannschaft sofort zu verstärken.

Tah hat seine konstant starken Leistungen aus dem Leverkusener Meisterjahr in dieser Saison nämlich noch einmal eindrucksvoll bestätigt. Und damit jetzt offenbar auch seine allerletzten Kritiker beim FC Bayern überzeugt. Im vergangenen Jahr war sein Wechsel nach München noch an unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich der Ablösesumme von Bayern (25 Millionen Euro) und Leverkusen (30 Millionen Euro) gescheitert. Der mächtige Münchner Aufsichtsrat ließ den Wechsel letztlich aufgrund einer Differenz von nur fünf Millionen Euro noch platzen, obwohl man sich mit Tah eigentlich bereits komplett einig war. Ein Fehler.

Dass Tah, der anschließend lange zum FC Barcelona und weg vom FC Bayern tendierte, nicht nachtragend ist, beweist er nun. Mit einem Jahr Verspätung kommt er also doch noch.

Das Finale der Königsklasse in der eigenen Arena am Samstag zwischen Inter Mailand und Paris Saint-Germain erleben die Bayern nur als unbeteiligte Zuschauer. Möglicherweise wäre Tah schon bei dieser gescheiterten Mission das Puzzleteil gewesen, das ihnen für einen erfolgreicheren Verlauf fehlte. Das kann und will er jetzt beweisen. Gelingt ihm das, könnte er sich nach dem geplatzten Wirtz-Wechsel als Bayerns wahrer Königstransfer erweisen.