Die Entscheidung birgt ein Risiko

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Horst Steffen ist der neue Cheftrainer von Werder Bremen. Der Wechsel an der Seitenlinie könnte auch einen neuen Kurs an der Weser bedeuten.

Einen Aufstieg, einen Klassenerhalt und zwei Platzierungen in der oberen Bundesliga-Tabellenhälfte später ist das gemeinsame Kapitel Geschichte. Werner war Medienberichten zufolge von der Kaderplanung und der Perspektive an der Weser nicht überzeugt, wollte daher seinen bis 2026 laufenden Vertrag nicht verlängern. Der Klub entschied sich daher, schon jetzt die Reißleine zu ziehen.

Werners Nachfolger steht schon parat. Horst Steffen wird der neue Mann an der Seitenlinie, kostet Werder laut Sky rund 350.000 Euro Ablöse. Steffen kommt von der SV Elversberg, mit der er am späten Montagabend in der Nachspielzeit der Bundesliga-Relegation an Heidenheim gescheitert war. Eine nicht ganz risikofreie Entscheidung, die auch einen Kurswechsel einläuten könnte.

Fast sieben Jahre lang war Horst Steffen Trainer in Elversberg. Im deutschen Profifußball war in der vergangenen Saison nur Frank Schmidt beim 1. FC Heidenheim länger im Amt. Dabei waren Steffens Stationen vor Elversberg nicht von Dauer geprägt. In Münster bekam er zehn Monate, in Chemnitz sechs Monate Zeit. Steffens Karriere hatte nach mehr als ordentlichen Amtszeiten als Jugendtrainer in Duisburg und Mönchengladbach einige Kratzer bekommen.

Regionalligist Elversberg vertraute ihm dennoch im Herbst 2018 die Mannschaft an. In den ersten zwei vollen Saisons im Saarland wurde Steffen jeweils Zweiter in der Regionalliga Südwest, im dritten Anlauf klappte es dann mit dem Aufstieg. 2022 gelang ihm der Sprung in die 3. Liga. Doch nicht nur das, Steffen und Elversberg gelang der Durchmarsch in die 2. Bundesliga, wo sie auf Anhieb Elfte wurden. Und auch wenn mehrere Schlüsselspieler den Klub verließen, wurde Elversberg noch besser. Als Tabellendritter ging es in die Relegation, wo Steffen in der Nachspielzeit nun an Heidenheim scheiterte.

Doch einen großen Verein hat Horst Steffen noch nicht trainiert. Die SV Elversberg hat etwas mehr als 5.000 Mitglieder, kommt aus einem Ort mit rund 13.000 Einwohnern. Der SV Werder hat mehr als 60.000 Mitglieder, die Stadt Bremen 570.000 Einwohner. Die Bundesliga und der mediale Druck sind etwas gänzlich anderes. Auch deshalb geht Werder mit der Trennung von Ole Werner ins Risiko.

Fußballerisch ist der Wechsel von Ole Werner zu Horst Steffen keine völlige Trendwende. Beide Trainer setzen auf einen proaktiven Spielstil, haben gerne den Ball und gehen dafür auch mal ins Risiko. Zwar ist sowohl die Umsetzung als auch das System der grundlegenden Ausrichtung anders, doch Werder muss nicht den kompletten Kader umkrempeln.

Warum man in Bremen dennoch von einem Kurswechsel sprechen kann: Es geht um die Integration und Entwicklung junger Eigengewächse. Zweifellos hat Ole Werner bei Werder Bremen viele Spieler entwickelt. Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch haben dank ihm den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Jens Stage ist zu einem der besten zentralen Mittelfeldspieler der Bundesliga geworden, und der in Leverkusen aussortierte Mitchell Weiser gehörte plötzlich zu den Top-Spielern auf seiner Position hierzulande.

Jung waren beziehungsweise sind die genannten Akteure aber alle nicht. Immer wieder gab es Kritik daran, dass Werner kaum Talente fördert. Bis auf Romano Schmid hat kaum ein Spieler unter 23 Jahren unter Werner einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Viele brauchten erst einen Wechsel, um genau den zu schaffen. Eren Dinkçi kam beispielsweise in Bremen nicht über eine Jokerrolle hinaus, in Heidenheim gelangen ihm 15 Torbeteiligungen in einer Saison. Nick Woltemade schoss bei Werder in 30 Einsätzen, viele davon als Joker, lediglich zwei Treffer in der Spielzeit 2023/24, er wechselte ablösefrei nach Stuttgart, wurde dort mit 20 Torbeteiligungen in 33 Pflichtspielen zur Schlüsselfigur und bekam jüngst den Anruf von Julian Nagelsmann für den DFB-Kader.