Die Europäische Weltraumorganisation ESA feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Mit dem erfolgreichen Start der Ariane 6 im Februar 2025 demonstriert die ESA ihre technologische Kompetenz in der Raumfahrt.
Am 30. Mai 1975 wurde die ESA von zehn europäischen Ländern in Brüssel gegründet. Der Auslöser war der sogenannte Symphonie-Schock: Die USA wollten einen europäischen Telekommunikationssatelliten nur unter der Bedingung starten, dass dieser nicht mit amerikanischen Satelliten konkurriert. “Wir hatten damals keine eigene Startrakete, um diesen zu starten”, erklärt der Leiter des ESA-Flight-Control-Centers in Darmstadt, Rolf Densing. “Und das war praktisch die Geburtsstunde der Ariane-Rakete.”
Die Erfolgsgeschichte der Ariane-Raketen
Seit ihrem Jungfernflug 1979 hat die Ariane-Raketenfamilie beeindruckende Zahlen vorzuweisen: In 45 Jahren absolviert Ariane 263 erfolgreiche Starts und transportiert über 1100 Satelliten. Fehlstarts blieben dabei die Ausnahme.
Rolf Densing beschreibt die Erkundung des Weltraums als eine wesentliche Säule des ESA-Programms. Sie sei geradezu eine kulturelle Aufgabe. “Gleichzeitig haben wir es aber auch gelernt, große komplexe Strukturen im Weltraum zu entfalten. Das sind immer aufregende Momente, wenn eine Antenne im Weltraum entfaltet wird. Das kann funktionieren, tut es auch meistens. Aber nicht immer.”
Meilensteine der Weltraumforschung
Ein Höhepunkt der ESA-Geschichte ist die Beteiligung am James-Webb-Weltraumteleskop – eine Kooperation mit der NASA. Das 2022 in Betrieb genommene Instrument ist hundertmal empfindlicher als sein Vorgänger Hubble und ermöglicht nie dagewesene Einblicke in die Entstehung des Universums. Das Superteleskop kann zudem Planeten in fernen Sonnensystemen auf Spuren von Leben hin untersuchen.
Vor 20 Jahren gelang mit der Cassini-Huygens-Mission ein weiterer Durchbruch: Der ESA-Lander Huygens landete erfolgreich auf dem Saturn-Mond Titan und lieferte 72 Minuten lang wertvolle Daten von seiner Oberfläche – bis er einfror. Trotz der kurzen Dauer war dies ein Rekord für eine so weit entfernte Mission. Keine andere Mission hat je zu einem so weit entfernten Himmelskörper geführt.
Die ESA erhielt dabei Daten zur chemischen Zusammensetzung, zu Windgeschwindigkeiten, Wolkenbildung und Temperaturen sowie Bilder und Aufnahmen von Windgeräuschen von der Oberfläche.
Die Weiterentwicklung der ESA
Im ESA-Kontrollzentrum ESOC in Darmstadt arbeiten heute etwa 1.000 der insgesamt 2.000 ESA-Mitarbeiter. Sie überwachen aktuell 28 Satelliten, steuern Flugmanöver, empfangen wissenschaftliche Daten und werten sie aus. Das Programm der ESA hat sich in fünf Jahrzehnten stark entwickelt und verändert, wie Rolf Densing beschreibt:
“In der Anfangszeit der europäischen Raumfahrt stand das Universum und das Planetensystem im Zentrum der Raumfahrt. Aber natürlich können wir auch vom Weltraum aus auf die Erde blicken. Und das ist eine Disziplin, die Erdbeobachtung, die immer weiter an Bedeutung gewinnt.”
In der Frühzeit der Erdbeobachtung nutzen europäische Meteorologen Satelliten wie Meteosat für ihre Wettervorhersagen. Heute ist eine ganze Armada von Erdbeobachtungssatelliten im Einsatz.
Innovation und Wirtschaftsförderung
Die ESA hat sich damit auch von der reinen Weltraumforschung zu einem wichtigen Dienstleister entwickelt. Das 2014 gestartete Copernicus-Programm überwacht den Zustand der Vegetation während Dürreperioden, beobachtet das Ozonloch sowie atmosphärische Prozesse. Darüber hinaus kontrolliert Copernicus die EU-Außengrenzen und kritische Infrastrukturen und stellt wichtige Daten zu Klimawandel und Meereszustand bereit. Diese Daten stehen weltweit kostenlos zur Verfügung.
“Die Öffentlichkeit hat schon einmal für die Entwicklung dieses Raumsegmentes der Satelliten bezahlt. Deswegen ist es ja nur recht und billig, wenn man ihnen die Produkte kostenlos zur Verfügung stellt.”, so Densing. Das solle beispielsweise der Start-up-Szene ermöglichen, einen kommerziellen Gewinn mit diesen Daten zu erzielen.
In 30 Business-Inkubations-Zentren arbeitet die ESA bereits mit 1.600 Startups zusammen. Das besondere Finanzierungsmodell der ESA sorgt dafür, dass Aufträge proportional zu den Beitragszahlungen an die Mitgliedsstaaten zurückfließen, was gezielte Industrieförderung ermöglicht.
“Das führt dann aber auch dazu, dass Mitgliedsstaaten da, wo sie ihren Förderschwerpunkt sehen, wo sie ihre besondere Expertise der heimischen Industrie sehen, besonders viel Geld reinstecken und auch besonders viele Aufträge zurückbekommen und gezielt Industriezweige stärken können”, erklärt Densing.
Rückschläge und Zukunftsaussichten
Im Frühjahr 2025 trifft ein schwerer Schlag die ESA: Donald Trump droht das Budget der NASA zu kürzen. Densing stellt klar, dass daraus auch Lehren gezogen werden können: “Was lernen wir daraus? Wir tun gut daran, auch insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschaftskraft, die wir haben, eigene, unabhängige Raumfahrt zu betreiben.”
Die ESA müsse für die astronautische Raumfahrt entweder neue Partner finden oder eigenständig werden. Dass dies möglich ist, hat sie bereits vor 45 Jahren mit der Entwicklung der Ariane-Trägerrakete erfolgreich bewiesen.