Stresslevel messen
Forscher entwickeln E-Tattoo fürs Gesicht
30.05.2025 – 10:17 UhrLesedauer: 2 Min.

Ein neu entwickeltes Gesichtstattoo soll erkennen, wann Menschen geistig überlastet sind. Eignen könnte es sich für besonders stressige Berufe.
Immer mehr Aufgaben, immer mehr Verantwortung – doch wann wird es zu viel? Forscher aus den USA haben nun ein Gerät entwickelt, das frühzeitig erkennt, wenn Menschen überfordert sind: ein elektronisches “Tattoo”, das direkt auf der Stirn getragen wird.
Das sogenannte E-Tattoo könnte vor allem in Berufen mit hoher Verantwortung helfen – etwa bei Piloten, Pflegekräften oder Chirurgen. Entwickelt wurde es von Wissenschaftlern der University of Texas in Austin. Es misst in Echtzeit die geistige Belastung und sendet bei Bedarf Warnsignale.
“Unsere Vision ist ein System, das Nutzerinnen und Nutzer frühzeitig vor Überlastung warnt”, sagte Studienleiterin Nanshu Lu. “So können sie Aufgaben abgeben – an Kollegen oder eine KI – bevor Fehler passieren oder die Gesundheit leidet.”
Bislang werden meist Fragebögen wie der Nasa Task Load Index zur Messung der mentalen Belastung genutzt. Doch laut Forschern kommen diese erst nach Abschluss einer Aufgabe zum Einsatz – und sind oft ungenau. Das E-Tattoo hingegen liefere kontinuierlich objektive Daten, ganz ohne Verzögerung.
Das E-Tattoo besteht aus extrem dünnen, flexiblen Sensoren, die sich der Haut anpassen. Es wird mit einer leitfähigen Spezialfolie auf Stirn und Gesicht geklebt. Vier Sensoren messen die Hirnaktivität mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG), zusätzliche Sensoren um die Augen erfassen die Augenbewegungen (EOG).
Die Technik erkennt typische Veränderungen der Gehirnströme: Bei zunehmender geistiger Anstrengung nehmen die langsamen Theta- und Delta-Wellen zu, während Alpha- und Beta-Wellen abnehmen – ein Zeichen für mentale Erschöpfung. Ein kleiner Chip verarbeitet die Daten direkt auf der Haut, eine leichte Batterie hinter dem Ohr liefert den Strom.
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In einer ersten Studie mit sechs Probanden testeten die Forscher das E-Tattoo im Labor. Die Teilnehmer mussten eine Gedächtnisaufgabe lösen, bei der sie auf wechselnde Buchstaben auf einem Bildschirm reagieren sollten. Je weiter die Aufgaben zurücklagen, desto schwieriger wurde es – und desto stärker stieg die kognitive Belastung.
Ein Algorithmus lernte anhand der EEG- und EOG-Daten, die geistige Anstrengung korrekt zu bewerten. Die Vorhersagen waren deutlich besser als bloßer Zufall. Damit gilt das System als zuverlässig – bei einem Bruchteil der Kosten herkömmlicher EEG-Geräte.
Während professionelle EEG-Systeme oft mehrere Tausend Euro kosten, liegt der Preis für das E-Tattoo niedriger: Die Einweg-Sensoren kosten rund 20 Dollar (rund 17 Euro), der wiederverwendbare Chip und die Batterie zusammen etwa 200 Dollar (etwa 170 Euro).
“Unsere Technologie macht die Überwachung mentaler Gesundheit zugänglich – auch außerhalb der Forschung”, sagte Mitentwickler Luis Sentis. Ziel sei es, das Gerät in Zukunft so weiterzuentwickeln, dass es auch privat im Alltag getragen werden kann.
Die neue Forschung zeigt also: Das E-Tattoo eröffnet neue Möglichkeiten im Umgang mit geistiger Belastung – nicht nur im Cockpit oder im OP-Saal. Es könnte helfen, Fehler zu vermeiden, Burn-out vorzubeugen und die Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten. Noch befindet sich die Technik in der Erprobung. Doch die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.