TSMC rüstet sich für den nächsten Branchen-Boom

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Der taiwanische Halbleiterhersteller TSMC hat seine Wachstumsprognose für die Chipindus­trie deutlich nach oben geschraubt. Rechnete die Branche bislang mit einem Jahresumsatz von 1000 Milliarden Dollar Ende des Jahrzehnts, zeichnet sich nun ein Erlös von 1300 Milliarden Dollar ab. Das sagte der für das Tagesgeschäft und die allgemeine Geschäftsentwicklung zuständige Vorstand Kevin Zhang auf dem Technologie Symposium in Amsterdam.

Die Branche sei stets in Wellen gewachsen, erklärte er. Das sei beim PC-Boom in den Achtzigerjahren sowie beim Internet- und Smartphoneboom in den 2000er-Jahren so gewesen. „Und das zeichnet sich nun auch beim Durchmarsch der Systeme der Künstlichen Intelligenz (KI) durch quasi alle Lebensbereiche ab“, sagte Zhang. Ohne den ste­tigen Anstieg der Leistungsfähigkeit von Siliziumchips hätte es keinen dieser Booms gegeben.

TSMC investiert vor allem in Asien und Amerika

TSMC stellt derzeit die leistungsfähigsten elektronischen Halbleiterbausteine der Welt her. Damit beliefert es Kunden wie Qualcomm, Apple oder Nvidia. Die kleinen Chips made in Taiwan steuern in riesigen Rechenzentren einen Gutteil des globalen Datenverkehrs. In den kommenden Jahren wollen die Taiwaner dreistellige Milliarden-Dollar-Beträge in den Ausbau ihres globalen Fabriknetzes stecken. Ein Großteil des Geldes wird in Asien und Ame­rika investiert.

Bis Ende des Jahrzehnts hat TSMC einen genauen Fahrplan, wann, wo und welche Chipmodelle produziert werden können. Dabei geht es um immer kleinere Strukturen, höhere Leis­tungen und den günstigsten Energie­verbrauch. Vor allem die Roboter- und KI-Industrie sowie das Hochleistungs- Com­­puting werden nach den Worten Zhangs in den kommenden Jahren die Chip­nachfrage in die Höhe treiben. Derzeit machen sie zwei Drittel des Gesamt­umsatzes der Branche von momentan alles in allem 600 Milliarden Dollar aus.

Seit einigen Monaten ist TSMC auch in Europa engagiert. In Dresden ziehen die Taiwaner mit ihren europäischen Partnern Infineon, Bosch und NXP derzeit eine zehn Milliarden Euro teure Chipfabrik hoch. Wo heute noch eine riesige Baustelle ist, sollen Ende des Jahrzehnts Chips für Industriekunden vor allem aus dem Automobil- und Maschinenbau vom Band laufen. Darüber hinaus wird das Dresdner Gemeinschaftsunternehmen im Sommer ein Designzentrum in München eröffnen.

Ähnliche Zentren betreibt TSMC bereits in Japan und Amerika. Sie sind fest an die Produktion in den dortigen Fabriken gekoppelt und arbeiten eng mit den jeweiligen Kunden zusammen. So können Chips quasi maßgeschneidert hergestellt werden, sagt Zhang. Darüber hinaus könnte das Designzentrum in München für Europa einen wichtigen Impuls für die Entwicklung von KI-Chips liefern. Bislang spielen die Europäer hier nur eine Nebenrolle. Das könnte sich durch das Engagement von TSMC in Europa ändern.

Philips stand an der Wiege von TSMC

Ende der Achtzigerjahre mit reichlich Regierungshilfe, Know-how aus Amerika und einer Beteiligung des niederlän­dische Philips-Konzerns gegründet, hat sich TSMC zum heutigen Marktführer der Chipindustrie hochgearbeitet. Es liefert alles, was gefragt ist. Als Auftragsfertiger produziert der Konzern nach den Entwürfen seiner Kunden. So stellen die Taiwaner jedes Jahr Milliarden kleiner Rechenbausteine her, die Strukturen haben können, die Zehntausende Mal feiner sind als ein menschliches Haar und Billionen Rechenoperationen binnen ei­nes Wimpernschlags durchführen.

TSMC ist momentan das einzige Un­ternehmen, dass die komplizierten Prozesse der industriellen Fertigung sogenannter KI-Chips beherrscht. Die Herstellung erfolgt in Tausenden komplexen Arbeitsschritten und dauert in der Regel mehrere Wochen. Mit diesen Chips lässt sich der Datenverkehr in Smartphones, Rechenzentren und komplexe KI-Systeme steuern.

Neun Werke bereits im Bau

Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Nachfrage nach Halbleitern sind die Taiwaner in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Hatte das Unternehmen 2020 noch 1069 Milliarden Taiwa­nische Dollar (30,9 Milliarden Euro) erlöst, waren es 2024 knapp dreimal so viel. Hatte der Konzern vor fünf Jahren noch ei­nen Überschuss von umgerechnet 15 Milliarden Euro ausgewiesen, lag er im vergangenen Jahr mehr als doppelt so hoch. Der Mittelzufluss belief sich auf umgerechnet 54 Milliarden Euro. Den Großteil seiner Gewinne steckt TSMC in den Aufbau neuer Fertigungskapazitäten.

Betrieb der Konzern 2020 noch zehn Fabriken, sind es heute zwei Dutzend. Über die kommenden Jahre sollen wei­tere zwei Dutzend Werke dazukommen. Derzeit sind neun Werke im Bau. So wollen die Taiwaner allein in den USA über die kommenden Jahre 100 Milliarden Dollar investieren. Im Bundesstaat Arizona werden nach den Worten von Zhang neben den drei bestehenden Betrieben nun drei weitere Fabriken hochgezogen.

Mit Blick auf Europa erklärte der Vorstand: „Jetzt werden wir erst mal die Fa­brik in Dresden zum Laufen bringen, und dann sehen wir weiter. Alles hängt aber von den Kunden ab. Wenn es wirtschaftlich Sinn macht, können wir alles unternehmen, was gewünscht ist.“ Den Bau ei­ner weiteren Fabrik in Europa schließt er ausdrücklich nicht aus.