Künstliche Bewässerung ist aus Griechenlands Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken – dabei wird Wasser immer rarer. Auf der Kykladen-Insel Sifnos versucht ein Landwirt, einen anderen Weg zu gehen.
Stefanie Mittenzwei ist auf einem staubtrockenen Feld unterwegs. Die Hobby-Gärtnerin macht Urlaub auf der griechischen Kykladen-Insel Sifnos und ist auf das Projekt von Landwirt Giorgos Narlis gestoßen. Er schwört auf ein uraltes Prinzip: Tomaten, Wasser- und Honigmelonen: All das baut er ohne künstliche Bewässerung an. Kaum zu glauben, bei der trockenen Erde, sagt Mittenzwei. Aber tatsächlich sprießen auf dem Feld Pflanzen der heißen Maisonne entgegen.
Alte Pflanzensorten gegen die Trockenheit
Giorgos Narlis Farm ist so etwas wie ein Versuchslabor. Jahrelang hat er verschiedene Samen ausprobiert. Neue aus dem Agrarhandel waren darunter. Und Samen von Pflanzen, die schon seit Generationen auf Sifnos angebaut werden. Darunter waren Samen seines Großvaters und anderer alter Insulaner, erklärt Narlis. Seine Erkenntnis: Die alten Sorten gedeihen auch ohne künstliches Bewässerung. Um zu überleben, greifen die Pflanzen zu einem Trick. Sie bilden besonders tiefe Wurzeln aus, mit denen sie im Boden noch Feuchtigkeit finden. Neue Sorten dagegen brauchten viel Wasser. Das wirkte sich auch nachteilig auf den Geschmack aus, sagt Narlis.
Er zieht eine kleine Honigmelonen-Pflanze aus der Erde. Ihre Wurzel ist schon jetzt etwa viermal so lang wie der oberirdische Teil der Pflanze. Das Einzige, was Narlis macht, ist, nach jedem Regen die Erde aufzulockern. So kann die Feuchtigkeit im Boden aufsteigen und die Pflanzen versorgen. Auch der Rucola auf dem Nachbarfeld wächst ohne künstliche Bewässerung.
Die Brunnen liefern weniger Wasser
Die Besinnung auf alte Landwirtschafts-Traditionen ist auch aus der Not heraus geboren. Der einhundert Meter tiefe Brunnen, aus dem Landwirt Narlis sein Wasser bezieht, liefert immer weniger Wasser. Quellen oder Flüsse gibt es keine, sagt Manolis Foutoulakis, der in der Gemeinde Sifnos für die Wasserversorgung zuständig ist. Früher hat das Wasser aus den Brunnen ausgereicht. Aber durch die Ferienhäuser und Hotels ist der Bedarf stark gestiegen – auch wenn Sifnos keinen Massentourismus kennt. Mehr als zwei Drittel des Wassers auf Sifnos wird durch Meerwasser-Entzsalzung gewonnen, sagt Foutoulakis. Der Strom dafür wird mit Dieselgeneratoren hergestellt.
Wasser für den Tourismus – oder die Landwirtschaft?
Foutoulakis ruft dringend zum Wassersparen auf. Eigentümer von Ferienvillen haben sich teils riesige Gärten anlegen lassen, mit Bäumen und Pflanzen, die nichts mit den niederschlagsarmen Kykladen zu tun haben. “Warum muss sich jemand hier einen Amazonas-Dschungel anlegen”, sagt Foutoulakis. Die Bewässerung all dieser Gärten, das könne man nicht leisten.
Der Nutzungskonflikt zwischen Tourismus und Landwirtschaft, er wird vor allem auf den griechischen Inseln offensichtlich, die noch viel eigenen Anbau haben und die, bedingt durch den Klimawandel, immer weniger natürliches Wasser zu Verfügung haben. Auf Naxos etwa war letztes Jahr in den Stauseen nur noch eine bräunliche Pfütze zu erkennen. Plötzlich stellte sich die Frage, was wichtiger ist: Swimmingpools zu befüllen und Strandduschen zu versorgen oder die Felder zu bewässern?
Auf Sifnos hat es die letzten drei Jahre kaum geregnet, sagt Landwirt Giorgos Narlis. Und er weiß: werden die Trockenperioden zu lang, dann könnte auch seine Anbauform irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Aber dieses Jahr hat es wieder regelmäßiger geregnet. Und noch überwiegt bei ihm der Optimismus. Er sei glücklich, wenn er auf seine Felder gehe, sagt Narlis. Hier empfinde er eine Harmonie zwischen der Natur und sich selbst.
Die nächste Tomaten- und Melonenernte erwartet er Ende Juni. Es ist keine Produktion im industriellen Maßstab. Aber vielleicht ein Beispiel, wie auch andernorts die wohl wertvollste Ressource der Kykladen, das Wasser, geschont werden könnte.