In der EU gab es zuletzt Hoffnung, eine weitere Eskalation des Zollkonflikts mit den USA doch noch abwenden zu können. Mitten in den laufenden Verhandlungen kündigt nun aber US-Präsident Donald Trump eine Verdopplung der bereits bestehenden Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 auf 50 Prozent an. Ist damit ein echter Handelskrieg programmiert? Fragen und Antworten im Überblick:
Warum überrascht die neue Ankündigung?
Vor allem, weil es zuletzt so aussah, dass auch Donald Trump an einer einvernehmlichen Lösung des Handelskonflikts interessiert sein könnte. Nachdem Trump der EU Ende vergangener Woche noch einmal für Anfang Juni eine neue drastische Zollerhöhung angedroht hatte, ließ er sich Sonntag darauf erstmals auf ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein. Im Anschluss zog Trump die Drohung wieder zurück und machte deutlich, dass bis zum 9. Juli verhandelt werden soll. Mit dem guten Gespräch gebe es nun neuen Schwung, hieß es aus der EU-Kommission.
Seitdem gab es mehrere Telefonate zwischen den Handelsbeauftragten beider Seiten. Zuletzt telefonierte am Freitag EU-Handelskommissar Maros Sefcovic mit US-Handelsminister Howard Lutnick.
Wie reagiert die EU auf die neue Ankündigung?
Die EU übt scharfe Kritik und droht mit einer Reaktion noch vor dem Sommer. „Wir bedauern die angekündigte Erhöhung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 auf 50 Prozent zutiefst“, sagte ein Sprecher der für die EU-Handelspolitik zuständigen EU-Kommission in Brüssel. Sie untergrabe die laufenden Bemühungen um eine Verhandlungslösung im Handelsstreit, schaffe zusätzliche Unsicherheit für die globale Wirtschaft und erhöhe die Kosten für Verbraucher und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks.
Die EU sei bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, hieß es weiter. Dies könne auch früher passieren als am 14. Juli. Zu diesem Termin würden nach derzeitigem Stand automatisch Gegenzölle der EU in Kraft treten, die bereits wegen der ersten Zollentscheidungen von Trump geplant wurden.
Wie könnte eine Antwort der EU aussehen?
Die Regierungen der EU-Staaten hatten bereits im April den Weg für erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent als Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump angeordneten neue Zölle freigemacht. Diese könnten theoretisch umgehend in Kraft gesetzt werden und unter anderem in den USA produzierende Hersteller von Jeans, Motorrädern, Rindfleisch oder Zitrusfrüchten treffen. An weiteren Maßnahmen wird gearbeitet. Erwogen werden weitere Zusatzabgaben auf Industrie- und Agrarprodukte wie Autos, Süßkartoffeln und Whiskey.
Was will Trump mit den Zöllen erreichen?
Der US-Präsident will mit den Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktionsstandorte in den USA sichern. Die zusätzlichen Gebühren für Importe würden die US-Stahlindustrie stärken, sagte er am Freitag in einer Rede vor Mitarbeitern eines Stahlbetriebs im Bundesstaat Pennsylvania.
Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Formell werden die bereits geltenden Sonderzölle auf die Einfuhr von Stahl, Aluminium und Autos von der US-Regierung mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet. Aus Sicht der EU sind das Vorgehen und die Argumentation allerdings nicht vereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).
Was für Konsequenzen könnten die Zölle für die EU haben?
Die europäische Stahlindustrie befürchtete bereits Anfang des Jahres, dass wegen neuer US-Zölle weitere Produktionskapazitäten und Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Demnach waren die USA 2024 der zweitgrößte Exportmarkt für die europäischen Stahlproduzenten. Sie machten damals nach Angaben des Verbands der europäischen Stahlindustrie (Eurofer) 16 Prozent der gesamten EU-Stahl-Exporte aus.
Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel äußerte sich damals hingegen vergleichsweise gelassen. Das Unternehmen in Essen verwies darauf, dass sein Hauptmarkt für Stahl Europa ist. Der Export an Stahlprodukten in die USA sei vernachlässigbar gering, hieß es.
Kann die EU Trump beim Thema Stahl entgegenkommen?
Theoretisch könnten sich die EU und die USA darauf verständigen, gemeinsam gegen durch massive Subventionen getriebene Überkapazitäten auf dem Weltmarkt anzugehen. Für diese wird vor allem China verantwortlich gemacht. Auch Unternehmen aus der EU leiden enorm unter Preisdumping. Die Europäische Kommission hat deswegen ein System von Schutzmaßnahmen für die heimische Stahlindustrie geschaffen. Dieses wurde zuletzt im Frühjahr noch einmal nachgeschärft.