Die Nacht in Nahost Vorerst keine Waffenruhe in Gaza

10

Hoffnungen auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas haben sich vorerst zerschlagen. Zwar stimmte die Terrororganisation in ihrer Antwort auf einen Vorschlag des US-Vermittlers Steve Witkoff für eine Feuerpause zu, einige Geiseln freizulassen, stellte aber weitere Bedingungen. Die USA und Israel wiesen die Antwort der Hamas prompt zurück. Sie sei „komplett inakzeptabel“, schrieb Witkoff auf X. Israel werde die Bemühungen fortsetzen, die Geiseln zurückzubringen und die Hamas zu besiegen, erklärte das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Die Hamas müsse den aktuellen Vorschlag für eine zunächst auf 60 Tage begrenzte Waffenruhe akzeptieren, dann seien schon nächste Woche weitere Gespräche hin zu einem dauerhaften Kriegsende möglich, schrieb Witkoff weiter. Eine Garantie für die endgültige Einstellung der Kampfhandlungen gibt es in dem Plan aber nicht – das war jedoch bisher eine zentrale Forderung der Hamas. Offenbar halten die Islamisten daran fest. „Garantien gegen die Wiederaufnahme der Aggression“ seien als Teil der Antwort an Witkoff übermittelt worden, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Hamas-Kreisen.

Hamas stellt weitere Bedingungen

Der US-Vorschlag sieht eine Freilassung von 10 Geiseln aus dem Gazastreifen sowie die Übergabe der sterblichen Überreste von 18 weiteren Verschleppten vor. Im Gegenzug sollen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Diesem Kern des Vorschlags will die Hamas zwar zustimmen. Gleichzeitig stellt die Terrororganisation aber weitere Bedingungen.

So fordern die Islamisten eine zeitlich länger gestreckte Taktung der Geiselfreilassungen, als sie in Witkoffs Plan vorgesehen ist, wie die dpa aus Kreisen der Terrororganisation erfuhr. Diese Änderung solle verhindern, dass Israels Regierungschef Netanjahu die Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe nach einer Freilassung der ersten zehn Geiseln abbricht, wie er es während der vorherigen Waffenruhe im Januar getan habe, berichtete die „Times of Israel“ unter Berufung auf eine in die Gespräche involvierte Quelle.

Islamisten wollen Garantie für Kriegsende

Auch will die Islamistenorganisation, dass sich Israels Militär nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe in umfassenderem Ausmaß aus dem abgeriegelten Gazastreifen zurückzieht, wie die dpa aus Hamas-Kreisen weiter erfuhr. Die Terrororganisation habe ferner festhalten wollen, dass, falls innerhalb von 60 Tagen keine Einigung über einen dauerhaften Waffenstillstand erzielt wird, die zeitlich begrenzte Feuerpause automatisch auf unbestimmte Zeit verlängert wird, zitierte die US-Nachrichtenseite „Axios“ eine informierte Quelle.

Der Hauptstreitpunkt sei jedoch die Forderung der Islamisten nach Garantien der USA für die Beendigung des Krieges, berichtete „Axios“. Die israelische Regierung von Ministerpräsident Netanjahu lehnt jedoch eine Waffenruhe, in der der Krieg ein Ende findet, strikt ab. Kritiker werfen ihr vor, den Krieg im Gazastreifen aus innenpolitischen Gründen unbegrenzt weiterführen zu wollen.

Der ranghohe Hamas-Vertreter Basem Naim betonte in einer Stellungnahme, man habe Witkoffs Vorschlag nicht abgelehnt. Vielmehr sei die Reaktion Israels auf den US-Vorschlag nicht mit dem vereinbar gewesen, dem die Hamas zugestimmt habe. Witkoffs Haltung gegenüber der Palästinenserorganisation sei unfair und zeige eine „komplette Voreingenommenheit“ gegenüber Israel.

Netanjahu: Antwort der Hamas ist Rückschritt

US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag noch Hoffnungen auf eine baldige Waffenruhe geweckt. Die Kriegsparteien seien sehr nah an einer Einigung, hatte Trump im Weißen Haus vor Journalisten erklärt. Es gebe eine Chance. Wie es nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Wie Witkoff erklärt habe, sei die Antwort der Hamas „völlig inakzeptabel und ein Rückschritt“, teilte Netanjahus Büro mit.

Während Israel Witkoffs Vorschlag für eine Freilassung der Geiseln zugestimmt habe, bleibe die Hamas bei ihrer Ablehnung, hieß es. Israel geht davon aus, dass sich derzeit noch 20 bis 23 lebende Geiseln sowie mindestens 35 Leichen von Verschleppten in den Händen der Terrororganisation befinden.

Kritik an Israels Vorgehen

Auslöser des Krieges war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Seither kämpft Israels Militär in dem – inzwischen großflächig zerstörten – Küstengebiet gegen die Hamas. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bereits mehr als 54.200 Palästinenser getötet. Die Zahlen der Behörde unterscheiden nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.

Kürzlich startete Israels Armee eine neue Großoffensive. Seither wurden täglich Dutzende Tote gemeldet. Erklärtes Ziel Israels ist es, die Hamas vollends zu zerschlagen und die restlichen Geiseln freizubekommen. Angesichts der vielen Toten und der katastrophalen humanitären Lage der Zivilbevölkerung in Gaza gibt es an Israels militärischem Vorgehen im In- und Ausland massive Kritik.