Operation „Spinnennetz“: Ukraine zerstört russische Bomber

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Drohnenaufnahmen zeigen abgestellte Langstreckenbomber auf einem Flugfeld. Aus der Vogelperspektive ist dann ein Treffer nach dem anderen zu sehen. Immer mehr Flugzeuge gehen nacheinander in Flammen auf.

Ukrainischen Quellen zufolge zeigen die Aufnahmen eine Spezialoperation des Inlandsgeheimdienstes der Ukraine (SBU), bei der am Sonntagnachmittag zunächst 41 russische Militärflugzeuge auf vier Flugplätzen zerstört wurden. Das wäre der bisher größte Schlag gegen die Bomberflotte der russischen Luftwaffe, die nahezu täglich auch zivile Ziele in der Ukraine mit Bomben, Marschflugkörpern und Raketen angreift.

Flugplätze in Irkutsk, Murmansk und Rjasan getroffen

Ukrainische Medien, die sich auf SBU-Quellen berufen, berichten von einer Operation mit dem Codenamen „Spinnennetz“. Sie soll anderthalb Jahre lang geplant worden sein. Der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak veröffentlichte auf seinen Kanälen in sozialen Medien am Sonntagnachmittag wohl in Anspielung auf die Operation ein Spinnennetz-Emoji. Die zum Teil mehrere Tausend Kilometer von der Ukraine entfernt liegenden Ziele sollen jedoch nicht von der Ukraine, sondern von Russland aus angegriffen worden sein. Dazu habe der SBU Drohnen unter den Dächern von Frachtcontainern versteckt, die auf Lastwagen in die Nähe der Ziele transportiert und aus der Ferne gestartet worden seien. Für die russische Flugabwehr blieb demnach keine Zeit mehr, zu reagieren und den Angriff zu verhindern.

Zu den angegriffenen Flugplätzen sollen die Luftwaffenstützpunkte Belaja im Gebiet Irkutsk, Olenja im Gebiet Murmansk, Djagilewo im Gebiet Rjasan sowie Iwanowo im gleichnamigen Gebiet zählen. Sie sind bis zu 4000 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Von ihnen starten seit drei Jahren Flugzeuge, die ihre todbringende Fracht auf die Ukraine abfeuern. Dem SBU zufolge seien nun mehrere Bomber der Typen A-50, TU-95 und TU-22 zerstört worden. Russland verfügt demnach über keine großen Stückzahlen dieser aus Sowjetzeiten stammenden Maschinen, die auch nicht mehr hergestellt werden. Der gesamte Schaden beläuft sich der Ukraine zufolge auf mehr als zwei Milliarden Dollar. Damit dürfte Russlands Militär empfindlich getroffen worden sein.

Auf russischer Seite bestätigte der Gouverneur von Irkutsk, Igor Kobzew, von Lastwagen gestartete Drohnenangriffe auf eine Militäreinheit in seinem Gebiet. Auch sein Amtskollege aus Murmansk, Andrej Chibis, bestätigte, dass „feindliche Drohnen das Territorium der Region Murmansk angegriffen“ hätten.

Über einem Militärgelände bei Irkutsk in Sibirien steigt nach einem ukrainischen Drohnenangriff Rauch auf
Über einem Militärgelände bei Irkutsk in Sibirien steigt nach einem ukrainischen Drohnenangriff Rauch aufReuters

Militärfachleute äußerten sich im Internet erstaunt darüber, dass die russische Bomberflotte nahezu ungestützt auf den Stützpunkten parke. Bisher konnte Russland jedoch davon ausgehen, dass die Ukraine mit den ihr zur Verfügung stehenden Waffen diese Stützpunkte nicht erreicht. Mit der Geheimdienstoperation vom Sonntag zeigt Kiew aber auch, dass die ukrainische Armee in dem von Anfang an maßgeblich von Drohnen bestimmten Krieg schnell lernt und sich die – obendrein preiswerte – Technik rasant weiterentwickelt. Erst im März hatte die Ukraine bekannt gegeben, eine Drohne mit 3000 Kilometer Reichweite entwickelt zu haben.

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„Ich habe Berichte vom Verteidigungsminister, dem Außenminister, dem Generalstab, den Geheimdiensten und den Sicherheitsdiensten gehört“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag auf seinen Kanälen in den sozialen Medien, ohne direkt auf die Operation einzugehen. Ukrainischen Medien zufolge haben Selenskyj und SBU-Chef Wassyl Maljuk die Operation persönlich beaufsichtigt. Die ausführenden Personen sind dem SBU zufolge längst wieder in der Ukraine. „Wenn Putins Regime demonstrativ jemanden festnimmt, wird es eine weitere Inszenierung für das heimische Publikum sein“, so eine anonyme Quelle gegenüber ukrainischen Medien.

„Wir tun alles, um unsere Unabhängigkeit, unseren Staat und unser Volk zu schützen“, erklärte Selenskyj, der auch auf das für Montag geplante Treffen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine in Istanbul einging. Die ukrainische Delegation werde von Verteidigungsminister Rustem Umjerow geleitet, kündigte der Präsident an. Als Ziele nannte er einen bedingungslosen Waffenstillstand, die Freilassung weiterer Gefangener und die Rückkehr von Russland entführter ukrainischer Kinder. Ob es angesichts der Angriffe auf die Militärflughäfen tatsächlich zu einem Treffen kommen wird, ist ungewiss.