Private: Equity: Investoren in der Warteschleife

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Die Hoffungen der Private-Equity-Branche auf einen starken Aufschwung im laufenden Jahr sind schon wieder weitgehend zerstoben. Fachleute hatten darauf gesetzt, dass nach schwierigen Jahren der Handel mit Unternehmen wieder zunehmen werde. Schließlich sitzen die Finanzinvestoren auf der Welt immer noch auf Geldzusagen in Billionenhöhe, die in Transaktionen umzuwandeln sind. Und die Zinsen hatten sich nach einer Periode vergleichsweise raschen Anstiegs stabilisiert.

Auch der US-Präsidentenwahl hatten viele Investoren zunächst Positives abgewinnen können. Auf der ganzen Welt gab es im ersten Quartal denn auch 45 Prozent mehr Private-Equity-Übernahmen als in der Vorjahresperiode. Dies rechnet die Beratungsgesellschaft EY mit Hilfe des Datendienstleisters Dealogic vor. Das addierte Volumen im Auftaktquartal lag höher als in jedem Einzelquartal des Jahres 2024. Inzwischen aber sind „Unsicherheit“ und „Vorsicht“ zu zentralen Begriffe unter Private-Equity-Akteuren avanciert – und das dürfte auf der anstehenden Branchenleitmesse Superreturn in Berlin in dieser Woche nicht anders sein.

Wesentlicher Grund: die Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump seit dem Rosengarten-Auftritt Anfang April. Einen Monat später ermittelte EY, fast drei Viertel der Private-Equity-Investoren erwarteten für die darauffolgenden drei bis sechs Monate einen negativen Einfluss der Zölle auf die Transaktionsaktivität. In Deutschland berichten Berater reihenweise, aktuelle Projekte würden verschoben.

Stimmung „verhalten optimistisch“

„Alle dachten natürlich, dass es 2025 wieder richtig losgeht“, sagt Jan Philipp Schmitz, Vorstandsmitglied und Deutschlandchef des französischen Großinvestors Ardian. Er bezeichnet seine Stimmung mit Blick auf den Markt zwar als „verhalten optimistisch“. Die Branche könne sich dem Weltgeschehen aber natürlich nicht entziehen: „Wir denken, dass der Markt erst so richtig 2026 zurückkommt.“

Wie funktioniert das Geschäft? Finanzinvestoren werben Geldzusagen von Anlegern ein, bringen diese in Fonds mit einer Laufzeit von typischerweise zehn bis zwölf Jahren ein und rufen die Zusagen in Tranchen ab, sobald sich Übernahmechancen ergeben. Sie versuchen, den Wert der erworbenen Unternehmen zu steigern, indem sie diese mit Zukäufen ausbauen, internationalisieren oder schlicht Kosten senken; einige Jahre später reichen sie die Unternehmen weiter. Private Equity steuert heutzutage von Jahr zu Jahr zwischen einem Viertel und einem Drittel zum gesamten Geschäft mit Fusionen und Übernahmen auf der Welt bei.

Im Mittelpunkt von Transaktionen stehen natürlich die Unternehmensbewertungen und diese sind schwierig zu ermitteln, wenn die Geschäftsaussichten unberechenbar werden – so wie nun durch die amerikanischen Zölle. Ein jüngstes Beispiel lieferte der deutsche Maschinen- und Anlagenbau. In einer Blitzumfrage des Branchenverbands VDMA unter 562 Mitgliedsunternehmen gaben drei von vier Unternehmen an, die international gestiegene Unsicherheit nach den Zollankündigungen am 2. April beeinflusse sie stark oder sogar sehr stark.

Viele Ideen für Transaktionen

Eine Kluft in den Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern hatte sich schon nach den Zinserhöhungen seit dem Jahr 2022 aufgetan. Erfahrungsgemäß dauert es in der Regel ein bis eineinhalb Jahre, bis die Kluft geschlossen ist. Dieses Mal wird der Prozess durch die politischen Entwicklungen verzögert. „Vorsicht ist der derzeit wohl einer der meistgenutzten Begriffe, vor allem bei der Bewertung“, sagt Ralph Drebes, für die Kanzlei Linklaters Leiter des deutschen und Ko-Leiter des globalen Private-Equity-Geschäfts: „Daraus resultiert auch die aktuell weiterhin zu beobachtende Kluft zwischen der Preiserwartung auf Verkäuferseite und der Zahlungsbereitschaft auf Käuferseite.“ Es gebe viele Ideen für Transaktionen, „aber die Beteiligten tun sich schwer, zu einer Einigung und Unterschrift zu kommen“.

Einzelne Private-Equity-Manager sehen die Stimmung zwei Monate nach Trumps Auftritt schon wieder aufgehellt. Zwar belasteten die beinahe täglich wechselnden Nachrichten zu Zöllen weiterhin das Geschehen, sagt EQT-Deutschlandchef Matthias Wittkowski: „Gerade diese Unsicherheit macht Kapitalmärkte, Unternehmen und somit auch unser Geschäftsmodell nicht einfacher. Aber wir empfinden die Lage dennoch als eine, die sich verbessert hat.“ So gebe es zumindest mehr Klarheit über einige Handelsbeziehungen, zum Beispiel jene zwischen den USA und Großbritannien. Wittkowski verweist auf die jüngste Erholung der Märkte. Jenseits des Zollthemas sieht er als positive Entwicklung, dass Politik und Gesellschaft wirtschaftliche Hürden wie langsames Produktivitätswachstum und übermäßige Bürokratie erkennen und angehen würden.

EQT gab kürzlich selbst ein Signal, dass der Markt nicht eingeschlafen ist. Die schwedische Beteiligungsgesellschaft steigt in die Münchener Steuerberatungskette WTS ein, die nun bis 2029 europäischer Marktführer werden soll und in dem Deal mit einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag bewertet worden sein soll. Der Investor Triton hat angekündigt, den Lüftungsanlagenhersteller Fläkt Group für 1,8 Milliarden Euro einschließlich Schulden an den Technikkonzern Samsung zu verkaufen. Der US-Investor KKR ist dabei, für Hunderte Millionen Euro den IT-Dienstleister Datagroup zu kaufen und von der Börse zu nehmen.

Investoren tun sich schwer, Beteiligungen weiterzureichen

An anderer Stelle gibt es Rückschläge. Einer der größte deutschen Private-Equity-Deals der Geschichte – der Verkauf des Ablesekonzerns Techem für 6,7 Milliarden Euro – ist vorerst abgesagt, weil die Interessenten den kartellrechtlichen Aufwand unterschätzten. Die Finanzinvestoren Bain und Cinven wollten den Arzneikonzern Stada zunächst verkaufen, setzten dem Vernehmen nach aber ihre Preisvorstellungen nicht durch. Daher sollte der Hersteller von Nachahmermedikamenten (Generika) und arzneifreien Rezepten an die Börse. Auch dieser Plan ist aber schon wieder Geschichte, zumindest vorerst.

Weil sich Finanzinvestoren seit längerem schwer damit tun, ihre Beteiligungen weiterzureichen, ist deren Haltedauer gestiegen. Die Geldgeber in den finanzierenden Fonds warten somit länger auf ihre Ausschüttung. Das befördert das Geschäft mit sogenannten Sekundärmarktfonds: Dachfonds, die Anteile an Geldtöpfen von Beteiligungsgesellschaften erwerben. Sie ermöglichen es, flüssige Mittel in einer Zeit geringer Beteiligungsexits zu erlangen.

Dies habe sich in den vergangenen ein bis zwei Monaten noch verstärkt, berichtet Ardian-Manager Schmitz, dessen Haus zu den global führenden Sekundärfondsanbietern gehört. Investoren bekommen auf dem Sekundärmarkt Anteile an Private-Equity-Fonds in der Regel mit einem Abschlag auf den Buchwert der Portefeuilles. In den vergangenen Jahren seien zahlreiche neue und immer größere Sekundärfonds aufgelegt worden, welche die Nachfrage für solche Transaktionen erhöhten, sagt Burc Hesse, Partner bei der Kanzlei Latham & Watkins. Dadurch seien die Abschläge geschrumpft: „Sie lagen früher höher, so um die 15 Prozent.“

Nach einer weit gefassten Definition gehören zum Sekundärmarkt auch Fortsetzungsfonds („Continuation Funds“). Finanzinvestoren legen solche Auffangbecken für Beteiligungen auf, wenn sie diese über die übliche Dauer hinaus für sich behalten wollen. Nach einer Analyse der Investmentbank Jefferies addierte sich das Transaktionsvolumen mit Fortsetzungsfonds im vergangenen Jahr auf einen bisher nie erreichten Wert von 75 Milliarden Dollar. Sie machten damit knapp die Hälfte des Sekundärmarkts aus, der insgesamt 162 Milliarden Dollar erreichte – auch dies ein Rekordwert.