Wie mit Donald Trump Gespräche laufen können, hat Friedrich Merz bereits erlebt – und ein wenig davon berichtet. Auf einer Bühne in Berlin erzählte der Bundeskanzler gerade von seinem ersten Telefonat mit dem amerikanischen Präsidenten. Sie hätten über gemeinsame Bekannte in den USA gesprochen und über Chicago, die Heimat des neuen Papstes. Merz imitierte Trump: „This is a great city, Chicago is a really great city“, und fügte an, jedes zweite oder dritte Wort sei sowieso great gewesen. Wenn Merz am Donnerstag das erste Mal persönlich auf Trump im Weißen Haus trifft und vor die Presse tritt, bleibt nur zu hoffen, dass der amerikanische Präsident dann auch so viel „great“ findet.
Am Mittwochabend deutscher Zeit fliegt Merz zu seinem Antrittsbesuch nach Washington, lange war auf die Bestätigung des Termins gewartet worden. In Berlin zeigt man sich schon wegen der geplanten Abfolge des Besuchs zuversichtlich. Merz fliegt früher, weil ihm eine Übernachtung im Blair House, dem Gästehaus des Präsidenten, angeboten wurde und er davon Gebrauch machen will.
Wird es Merz besser ergehen als Merkel?
Vor dem Gespräch im Oval Office wird es ein Gespräch in kleiner Runde geben und ein gemeinsames Mittagessen. Die Beziehungen der beiden Länder und Themen wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Lage im Nahen Osten und die Handelspolitik würden im Mittelpunkt des Gesprächs stehen, teilte ein Regierungssprecher mit. Und das sind viele Punkte, um die es gerade überhaupt nicht „great“ steht.
Wie schief Antrittsbesuche bei Donald Trump im Oval Office gehen können, hat nicht nur der ukrainische Präsident Selenskyj erleben müssen, oder der südafrikanische Ramaphosa. Auch Angela Merkel hatte es bei ihrem ersten Besuch bei Trump in dessen erster Amtszeit nicht leicht. Trump kritisierte im März 2017 indirekt ihre Flüchtlingspolitik und ganz direkt, dass die NATO-Partner nicht genug zahlten für die Verteidigung.
Beides kann Merz eigentlich nicht passieren. Neben der verschärften Flüchtlingspolitik hat er sich nach der Vorlage von Außenminister Johann Wadephul (CDU) ebenfalls hinter den Plan des NATO-Generalsekretärs Rutte gestellt, künftig 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben plus 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur. Oder kurz für Trump: fünf Prozent. So wie der das gefordert hatte.
Deutschland als Vorbild bei Rüstungsausgaben
Der Antrittsbesuch gibt Merz die Chance, die deutschen Anliegen direkt vorzutragen, bevor Mitte des Monats der G-7-Gipfel in Kanada und eine Woche später der NATO-Gipfel in Den Haag anstehen. Viel Kraft wird derzeit in Berlin darauf verwendet, das vor allem Letzterer ein Erfolg, zumindest aber kein Fehlschlag wird – das neu ausgegebene Fünfprozentziel soll dazu beitragen. Wadephul konnte sich dafür gerade bei seinem Antrittsbesuch in Washington Lob vom amerikanischen Außenminister Marco Rubio abholen, und der amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth hob am Samstag auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur ausdrücklich Deutschland als Vorbild hervor.
Bei der NATO gilt wie bei der Unterstützung der Ukraine das Ziel: Die Amerikaner sollen unbedingt dabei gehalten werden. Wie schwankend dabei die Positionen Trumps sind, musste Merz auch schon in Telefonaten in größeren Runden mit ihm erleben. Wichtig wird für das Gespräch auch sein, wie die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in der Türkei von Montag an verlaufen. Auch Spitzendiplomaten aus Deutschland und anderen EU-Ländern wollen anwesend sein, etwa der außen- und sicherheitspolitische Berater des Kanzlers, Günter Sautter. Aus Berliner Sicht gilt, dass in der Türkei zumindest nichts passieren sollte, was den Besuch in Washington belasten könnte. Dass also nicht der Eindruck entstehen sollte, die Ukraine würde sich Gesprächen verweigern.
Wie schon Merkel wird Merz mit Trump auch über den Handelsstreit zwischen Europa und Washington zu reden haben. Vor der Verleihung des Karlspreises in Aachen hatten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Merz darüber gesprochen. Von der Leyens Leute geben beständig Updates, wie es in den Verhandlungen über die Zolldrohungen Trumps in Washington vorangeht. Dass der ausgerechnet jetzt eine Verdoppelung der US-Zölle auf Stahl und Aluminium angekündigt hat, zeigt, wie angespannt die Situation ist.
In Berlin muss man auch damit rechnen, dass Trump die aus amerikanischer Sicht angeblich eingeschränkte Meinungsfreiheit in Europa ansprechen könnte. In Berlin aber sieht man sich gut vorbereitet. Trump und Merz hätten in den bisherigen Telefonaten einen guten Ton miteinander gefunden, heißt es. Sie schreiben sich Kurznachrichten und sprechen sich seit dem letzten Telefonat mit Donald und Friedrich an. Trump habe sogar seine deutschen Wurzeln wiederentdeckt und betont. Der Kanzler, heißt es aus seinem Umfeld, sei relativ entspannt.