Bundesregierung nimmt Nawrockis Sieg zur Kenntnis

10

In Berlin waren die Reaktionen auf die Wahl des PIS-Politikers Karol Nawrocki zum polnischen Präsidenten am Montag freundlich-zurückhaltend bis kritisch. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier veröffentlichte ein Glückwunschschreiben, in dem er Nawrocki „herzlich“ gratulierte. Kurz darauf sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schließe sich der Gratulation an. Die Bundesregierung nehme den Ausgang der Wahl „zur Kenntnis“.

Aus europäischem Interesse hätten „alle“ diese Wahl mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt. Man halte das Verhältnis zu Polen für „gut und belastbar“ und freue sich auf eine „positive und intensive“ Zusammenarbeit. Die Bundesregierung sei „weder überrascht, noch erfreut noch in sonstiger Weise emotional berührt“. Wahlergebnisse seien Entscheidungen des polnischen Volkes, äußerte Kornelius. Steinmeier schrieb: „Ich hoffe, dass wir künftig gemeinsam einen Beitrag zur deutsch-polnischen Freundschaft leisten können.“ Er lud Nawrocki nach Berlin ein.

Merz hat schon lange vor seiner Wahl zum Bundeskanzler und der Wahl des europakritischen Nawrocki ein enges Verhältnis zum proeuropäischen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk gepflegt. Am Tag nach seiner Wahl zum Kanzler war Merz zuerst nach Paris, aber am Nachmittag gleich weiter nach Warschau geflogen. Obwohl Tusk damals bei einer Pressekonferenz mit Merz kritische Bemerkungen zur deutschen Migrationspolitik, vor allem der Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze gemacht hatte, war das Einvernehmen zwischen den beiden Regierungschefs erkennbar gut. Bei seinem nur wenige Stunden dauernden Aufenthalt wurde Merz gleich zweimal eine militärische Ehrung zuteil.

Warschau fühlte sich überrumpelt

Die deutsch-polnischen Beziehungen werden seit einiger Zeit geprägt von den in Berlin beschlossenen Maßnahmen zur Reduzierung der Migration. Als die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Oktober 2023 Grenzkontrollen zu Polen anordnete, führte das schon zu Protest. Man fühlte sich in Warschau überrumpelt.

Das galt umso mehr, als der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) Anfang Mai die Bundespolizei anwies, nicht nur zu kontrollieren, sondern auch Migranten an der Grenze zurückzuweisen, die ein Asylgesuch äußern. Dobrindt verkündete das ausgerechnet an dem Tag, an dem Merz selbst in Polen bei Ministerpräsident Donald Tusk zum Antrittsbesuch zu Gast war.

Für das nationalistische Lager war das im Wahlkampf eine Steilvorlage, um gegen Tusk und seinen Kandidaten für das Präsidentenamt zu agitieren. Der Vorwurf lautete, Polen werde mit Zigtausenden Migranten geflutet, und die Regierung in Polen tue nichts dagegen. Die Zahl der illegalen Einreiseversuche an der deutsch-polnischen Grenze ist zuletzt jedoch deutlich zurückgegangen. Die Zurückweisungen verlaufen laut Dobrindt gut, allerdings kam es auch vor, dass Polen die Rücknahme von Personen verweigerte, weil von den deutschen Behörden nicht genug Belege vorgebracht worden seien, dass die Personen wirklich aus Polen kamen.

Was der Sieg von Nawrocki nun für die Migrationspolitik und das Vorgehen an der Grenze bedeutet, bleibt abzuwarten – auch, welche Schlüsse die Regierung Tusk nun zieht. Regierungssprecher Kornelius äußerte sich in diesem Zusammenhang vorsichtig optimistisch. Als er in der Regierungspressekonferenz angesprochen wurde auf eine „antideutsche Stimmung“, auf die der neue polnische Präsident seinen Wahlkampf aufgebaut habe, antwortete Kornelius, man hoffe, dass nun ein bisschen „Gelassenheit und Vernunft“ einkehre, da der Wahlkampf vorbei sei.

Innenminister Dobrindt verfolgt eine komplizierte Mission: Es ist seine Aufgabe, das zentrale Wahlversprechen der Union, die Migrationswende, in die Tat umzusetzen. Andererseits will Dobrindt dabei nach eigenen Worten partnerschaftlich vorgehen. Er hatte deswegen davon abgesehen, an die deutsch-polnische Grenze zu reisen und sich das Vorgehen der Bundespolizei ausgerechnet dort anzusehen. Es ist aber zu erwarten, dass Dobrindt den Kontakt zur polnischen Regierung suchen wird, auch mit einem Präsidenten Nawrocki.

Der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak, erinnerte an antideutsche Töne Nawrockis im Wahlkampf und sagte im Deutschlandfunk, es werde „nicht einfach“ mit dem neuen Präsidenten. Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham (CDU), zeigte sich zwar überzeugt, dass das Regieren in Polen schwieriger werde. Im Verhältnis zu Deutschland werde sich jedoch nicht so viel ändern, da der bisherige Präsident Andrzej Duda schon deutschlandkritisch sei, sagte Abraham im RBB.