Tief verborgen im mehr als 1000 Seiten starken Entwurf für Präsident Donald Trumps großes Steuergesetz steckt eine Vorschrift mit der Sektionsnummer 899, die ausländische Investoren mit Beteiligungen in den USA oder amerikanischen Wertpapieren in höchste Unruhe versetzt: Sie sieht eine Sondersteuer für ausländische Unternehmen und Kapitalanleger vor, deren Länder nach Einschätzung der USA Steuergesetze haben, die amerikanische Unternehmen und Bürger „unfair“ behandeln.
Das Paradebeispiel sind Digitalsteuern, die in England, Frankreich, Italien, Kanada, Österreich, Spanien und der Türkei gelten. Das Einkommen aus amerikanischen Beteiligungen von Investoren aus diesen Ländern wird dann besteuert mit einem Satz von bis zu 20 Prozent.
Digitalsteuern sind aber nicht das einzige Beispiel. Betroffen sind auch Länder, die die Unterbesteuerungsregel (UTPR = undertaxed profit rule) anwenden. Sie ermöglicht es einem Land, die Steuern für ein Unternehmen zu erhöhen, wenn dieses Teil eines größeren Konzerns ist, der in einem anderen Land weniger als den vorgeschlagenen globalen Mindeststeuersatz von 15 Prozent zahlt. Darüber hinaus kann das US-Finanzministerium noch weitere ausländische Steuerregeln als diskriminierend klassifizieren mit den entsprechenden Folgen.
Erträge aus US-Staatsanleihen sind ausgenommen
Die Rachesteuer soll die Regierungen anderer Länder zwingen, von Steuerregeln abzusehen, die nach amerikanischer Wahrnehmung vor allem auf amerikanische Konzerne zielen. Einer ihrer Autoren, der Kongressabgeordnete Jason Smith, deutete die Vorschrift als Instrument, mit denen die USA die Diskriminierung von US-Konzernen im Ausland unterbinden will.
Der Gesetzesentwurf wird aktuell im Senat diskutiert. Die Auswirkungen der Vorschrift 899 ist noch unklar. Sie droht aber nach Angaben einiger Experten Investitionen in den USA unattraktiver zu machen in einer Phase, in der die Anleger ohnehin schon verunsichert sind. Die Erträge aus US-Staatsanleihen allerdings sind offenbar von der Sondersteuer ausgenommen, um die Finanzierung des amerikanischen Staatshaushalts nicht zu gefährden. Nur Steuern, die die USA jetzt schon auf Ausländer erheben, können mit dem Vergeltungszuschlag belegt werden. Ausgenommen ist aber die Mehrwertsteuer, die unter anderem in der Europäischen Union gilt und der Trump-Regierung ein Dorn im Auge ist.
Die Vorschrift könnte die Flucht aus dem Dollar verstärken. Eine solche Steuer würde Kapitalanlagen und Investitionen nicht nur teurer machen, sie würde sie auch neuer Unsicherheit aussetzen, weil das US-Finanzministerium mit der Vorschrift Spielraum bekäme, bestimmte ausländische Steuern zu bestrafen. Der Deutsche Bank-Analyst George Saravelos kommt zu diesem Schluss: „Abschnitt 899 stellt die Offenheit der US-Kapitalmärkte infrage, indem er die Besteuerung ausländischer Beteiligungen an US-Vermögenswerten ausdrücklich als Hebel einsetzt, um die wirtschaftlichen Ziele der USA voranzutreiben.“