Die von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskonflikte drohen die Weltwirtschaft erheblich zu beeinträchtigen. Das lässt sich einer neuen Prognose entnehmen, die die Industrieländerorganisation OECD am Dienstag veröffentlicht hat. Die globale Wirtschaft wird demnach in diesem und im kommenden Jahr um 2,9 Prozent wachsen. Das ist weniger als die von der in Paris ansässigen Organisation noch im März in Aussicht gestellten 3,1 und 3,0 Prozent – und schon diese war eine Korrektur von bis dato erwarteten 3,3 Prozent.
„In den vergangenen Monaten haben wir einen deutlichen Anstieg der Handelshemmnisse sowie der Unsicherheit in der Wirtschafts- und Handelspolitik beobachtet“, schreibt die OECD nun. Diese stark gestiegene Unsicherheit habe sich negativ auf das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher ausgewirkt und dürfte den Handel und die Investitionen bremsen. Geringeres Wachstum und weniger Handel belasteten die Einkommen und verlangsamten das Beschäftigungswachstum.
Die OECD betont, dass die schwächeren Wirtschaftsaussichten global und fast ohne Ausnahme zu spüren seien. In Deutschland ist ihr zufolge ein Wachstum von 0,4 Prozent in diesem und 1,2 Prozent im kommenden Jahr zu erwarten. Das liegt merklich über den vom Wirtschaftssachverständigenrat im Mai in Aussicht gestellten 0,0 Prozent und 1,0 Prozent. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in die OECD-Zahlen das mit 0,4 Prozent überraschend hohe Wachstum im ersten Quartal eingeflossen ist; der Sachverständigenrat hatte in seinem Gutachten 0,2 Prozent zugrunde gelegt.
Privater Konsum als Hoffnungsschimmer
Zu den Hoffnungsschimmern in Deutschland gehört der private Konsum. Wegen der niedrigen Inflation, steigender Nominallöhne und der nach der Regierungsbildung abnehmenden innenpolitischen Unsicherheit wird er laut OECD zunehmen. Auch mit 0,4 Prozent Wachstum gehört Deutschland im Ländervergleich jedoch unverändert zu den Schlusslichtern in diesem Jahr. Von den 38 OECD-Staaten fällt die Prognose nur für Norwegen und Österreich schlechter aus. Die USA liegen im Ländervergleich mit 1,6 Prozent im Mittelfeld – eine deutliche Prognoserevision, nachdem die OECD für die weltgrößte Volkswirtschaft im März noch 2,2 Prozent Wachstum prognostiziert hat.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nahm die Zahlen am Dienstag zum Anlass, die Notwendigkeit von Reformen zu betonen. „Das heißt noch einmal, dass es wichtig ist, dass wir unsere Hausaufgaben machen und strukturelle Reformen angehen, Energiepreise senken, Flexibilität gewinnen, Bürokratie abbauen“, sagte sie am Rande des OECD-Ministerrattreffens in Paris. Für die Handelspolitik wiederum mahnte Reiche zur Eile. „Wir müssen die Streitigkeiten mit den Vereinigten Staaten zu Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen beilegen und zu Verhandlungslösungen kommen, und das möglichst bald“, sagte sie und betonte: „Freihandel bedeutet Wohlstand.“
Mit Blick auf das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten bekräftigte sie die deutsche Position. „Wir brauchen das Mercosur-Abkommen, wir kennen aber auch die Sorgen, die die französische Seite hat“, sagte sie mit Blick auf den anhaltenden Widerstand aus Paris. „Für uns ist klar, dass wir das Dossier, was jetzt 20 Jahre verhandelt wird, nicht noch mal aufmachen können, und unser festes Vorhaben ist es noch in diesem Jahr, zu einem Abschluss zu kommen“, so Reiche weiter. Das diskutiere man – „zur Kenntnis nehmend, dass die französische Seite in Bezug auf die Landwirtschaft noch viele offene Punkte hat“. Neben Mercosur brauche es aber auch noch andere Freihandelsabkommen.