Neue Gaskraftwerke verzögern sich weiter

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Der Saal der „Station Berlin“, eines Veranstaltungsortes in der Hauptstadt, ist nicht gerade klein, doch am Mittwoch platzt er aus allen Nähten. Nach fünf Jahren an der Spitze des Energiekonzerns Westenergie tritt Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) erstmals vor ihre „lieben Ex-Kollegen“ auf die Bühne. Im Gepäck hat sie allerdings keine guten Nachrichten: Der Bau der für die Versorgungssicherheit so wichtigen Gaskraftwerke verzögert sich weiter, erst „Ende des Jahres“ soll es die ersten Ausschreibungen geben.

Zuerst müssen beihilferechtliche Bedenken mit Brüssel geklärt werden; die EU-Kommission verlange „umfängliche Begründungstatbestände“ von der Bundesregierung. Reiche sagte auch, die geplanten Kraftwerke mit einer Kapazität von bis zu 20 Gigawatt würden „nicht in einem Rutsch kommen“ und zunächst wohl auf Erdgas setzen.

Erforderlich sei ein „Schnellboot, welches wir dringend zur Beseitigung von Netzengpässen südlich der Mainlinie brauchen“. Schon am Montag hatte sie nach einem Treffen mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder einen „Südbonus“ angekündigt, der dazu führen soll, dass zwei Drittel der insgesamt ausgeschriebenen Kapazität im netztechnischen Süden Deutschlands gebaut wird. In einem zweiten Schritt sei es wichtig, einen technologieoffenen Kapazitätsmarkt zu schaffen, der ab dem Jahr 2028 nicht nur Kraftwerke, sondern auch Speicher und weitere Flexibilitäten integriere, so die Ministerin.

Die Opposition befürchtet, dass sich durch die Verzögerungen bei der Kraftwerksstrategie auch der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft verlangsamen könnte. „Katherina Reiche redet nur über fossiles Gas und schweigt zu Wasserstoff. Aber ohne wasserstoffbefeuerte Gaskraftwerke als Ankerkunden droht das Wasserstoffkernnetz zusammenzubrechen“, sagte der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Kellner, der F.A.Z. Es sei daher „entscheidend“, dass künftige Reservekraftwerke mit Wasserstoff betrieben würden. Ähnlich äußerte sich die baden-württembergische Energieministerin Thekla Walker (Grüne).