Wechseljahre bei Männern: Gibt es die “Andropause”wirklich?

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Bei Frauen beginnt die sogenannte Menopause im Schnitt bei etwa 51 Jahren, wenn der Spiegel bestimmter Hormone sinkt. Gibt es das auch beim Mann?

Wenn Männer älter werden, verändert sich auch ihr Hormonhaushalt. Bei ihnen entscheidend ist das Hormon Testosteron. Sinkt sein Spiegel, wird gern von “Andropause” oder “männlichen Wechseljahren” gesprochen. Wie schwerwiegend ist dieser hormonelle Einschnitt? Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) gibt Auskunft.

Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Während der Pubertät spielt es eine entscheidende Rolle für die körperliche Entwicklung: Der Penis und die Hoden wachsen, die Stimme wird tiefer, und Muskeln sowie Körperbehaarung entwickeln sich. Aber auch im Erwachsenenalter bleibt Testosteron ein entscheidender Faktor – es beeinflusst die sexuelle Lust, die Muskelkraft, die Knochengesundheit und die Konzentration.

“Testosteron wirkt sich auf viele Bereiche des Körpers aus – nicht nur auf die Sexualität, sondern auch auf das Wohlbefinden, die Energie und die Leistungsfähigkeit”, erklärt Professor Dr. Sven Diederich, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie in Berlin. “Ein gewisser Rückgang des Hormons im Alter ist normal, aber manchmal steckt hinter Beschwerden mehr als der natürliche Alterungsprozess.”

Anders als bei Frauen ist der Rückgang der Geschlechtshormone bei Männern ein schleichender Prozess. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel jährlich um etwa ein Prozent. Viele Männer nehmen diese Veränderung zunächst kaum wahr. Erst mit zunehmendem Alter treten häufigere Symptome auf: “Ab etwa 60 berichten viele Männer von Müdigkeit, Konzentrationsproblemen, Muskelabbau oder einem Verlust der Libido”, erklärt Diederich.

Zu den möglichen Symptomen eines Testosteronmangels gehören Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, sexuelle Unlust, Gewichtszunahme, Muskelschwäche und depressive Verstimmungen. “Diese Beschwerden sollten ernst genommen werden. Ob jedoch tatsächlich ein Hormonmangel vorliegt, lässt sich nur durch eine Blutuntersuchung feststellen”, betont der Androloge.

Nicht jeder niedrige Testosteronwert erfordert eine Behandlung. Ein Testosteronmangel wird erst bei einem Wert unter acht Nanomol pro Liter Blut diagnostiziert. Ursachen für diesen Mangel können Erkrankungen der Hoden oder der Hirnanhangsdrüse sein, die eine lebenslange Behandlung erfordern. Häufiger jedoch sind Männer nur vorübergehend von einem niedrigen Testosteronspiegel betroffen. Schlafmangel, Übergewicht, starker Stress oder Alkoholmissbrauch können den Testosteronspiegel senken. “In solchen Fällen können bereits kleine Veränderungen des Lebensstils helfen, sodass Hormonpräparate oft unnötig sind”, erklärt Diederich.

Ein gesunder Lebensstil ist entscheidend für das hormonelle Gleichgewicht. Diederich empfiehlt regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung. Auch der Verzicht auf Nikotin und Alkohol kann sich positiv auf den Testosteronspiegel auswirken.

Die DGE rät dazu, sich bei anhaltenden Beschwerden ärztlich untersuchen zu lassen und warnt gleichzeitig vor schnellen Lösungen. “Testosteron ist kein Lifestyle-Mittel, sondern ein lebenswichtiges Hormon”, sagt Privatdozentin Dr. Birgit Harbeck, Mediensprecherin der DGE und Fachärztin für Endokrinologie in Hamburg. Der Einsatz von Speicheltests oder frei verkäuflichen Testosteron-Boostern wird aus medizinischer Sicht als problematisch angesehen. Eine präzise Diagnostik in einer spezialisierten Praxis ist der richtige Weg. Nur wenn ein Testosteronmangel nachgewiesen wurde und mit den Beschwerden im Zusammenhang steht, ist eine Therapie sinnvoll.

Die Fachleute stellen klar: Einen plötzlichen hormonellen Einschnitt, wie er bei Frauen während der Wechseljahre auftritt, gibt es bei Männern nicht. Dennoch können die Symptome, die durch den Rückgang des Testosterons verursacht werden, das tägliche Leben beeinträchtigen. Wer Anzeichen eines Testosteronmangels verspürt, sollte die Symptome nicht ignorieren und sich ärztlich beraten lassen. Eine frühe Diagnose und gegebenenfalls eine gezielte Therapie können dabei helfen, die Lebensqualität zu erhalten. Ein gesunder Lebensstil bleibt jedoch der wichtigste Schritt, um den Hormonspiegel in Balance zu halten.