Eklats und Handshakes im Oval Office

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Donald Trump empfängt im Oval Office Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Seit der Republikaner wieder amerikanischer Präsident ist, vergeht kaum ein Treffen ohne Bloßstellung – oder die gezielte Inszenierung von Nähe. Ein Überblick vor dem Besuch des Bundeskanzlers im Weißen Haus.

Wolodymyr Selenskyj

Das denkwürdigste und für die weltweite Gemeinschaft der Demokratien beunruhigendste Treffen war der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 28. Februar. Versicherte Trump kurz vor dem Zusammentreffen noch, man werde „sehr gut miteinander auskommen“, entgleiste die öffentliche Begegnung im Oval Office völlig.

Offener Streit: Selenskyj und Trump am 28. Februar im Oval Office
Offener Streit: Selenskyj und Trump am 28. Februar im Oval Officedpa

Auslöser der Eskalation war eine Bemerkung von Vizepräsident J. D. Vance. Er hatte die ersten 40 Minuten geschwiegen. Dann forderte er Selenskyj zu mehr diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Krieges auf. „Welche Art von Diplomatie, J. D.?“, entgegnete Selenskyj und schilderte die ukrainischen Erfahrungen mit von Russland gebrochenen Waffenruhen vor dem Großangriff 2022. Vance warf dem Gast daraufhin fehlenden Respekt vor. Trump sprang seinem Vize bei und verbot Selenskyj mit dem Hinweis, er habe schon „viel gesagt“, gar das Wort.

Das Treffen, vor dem die Unterzeichnung des amerikanisch-ukrainischen Rohstoffabkommens erwartet worden war, endete mit dem Rauswurf Selenskyjs und seiner Delegation aus dem Weißen Haus. In seiner Wut schnitt Trump die angegriffene Ukraine kurzzeitig sogar von militärischer und geheimdienstlicher Unterstützung ab. Vorübergehende Entspannung brachte erst eine Begegnung von Trump und Selenskyj während der Trauerfeier für Papst Franziskus am 26. April in Rom.

Cyril Ramaphosa

Von Anfang an im Zeichen der Provokation stand Trumps Treffen mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa am 21. Mai. Der Gast im Oval Office konnte seinen Gastgeber selbst mit einem 14 Kilogramm schweren Buch über Südafrikas Golfplätze als Geschenk nicht vom Angriff abhalten. Mehrmals behauptete Trump, Tausende weiße Farmer flöhen vor Verfolgung aus Südafrika. Und dann spielte er Videos von Südafrikanern ab, die zu Morden an Weißen aufrufen.

Filmvorführung als Demütigung: Ramaphosa und Trump am 21. Mai im Oval Office
Filmvorführung als Demütigung: Ramaphosa und Trump am 21. Mai im Oval OfficeReuters

Wie bei Selenskyj ließ Trump auch Ramaphosa keine Gelegenheit zur unmittelbaren Erwiderung. Erst einige Zeit nach dem Video konnte sich der Gast, der höflich blieb, erklären. Er sagte, dass es sich bei den Gezeigten um Oppositionelle handele. Doch auch hier widersprach Trump mit der Frage, warum man die Männer nicht einfach festnehme.

Mark Rutte

Schon als niederländischer Ministerpräsident galt Mark Rutte als „Trump-Flüsterer“. Bei seinem Washington-Besuch als NATO-Generalsekretär am 13. März lachte Rutte im Oval Office am lautesten, als Trump im Scherz vorschlug, Drogendealer in die Niederlande auszufliegen. Und als der amerikanische Präsident seine Drohung, Grönland zu übernehmen, wiederholte und sagte, Rutte könne dabei „sehr hilfreich sein“, widersprach der Gast nicht. Er sagte bloß: „Ich möchte die NATO nicht da hineinziehen.“

Die dänische Regierung und einige weitere Verbündete reagierten auf die ausbleibende Widerrede wenig amüsiert. Und auch im NATO-Hauptquartier in Brüssel gab Ruttes Auftritt in Washington zu reden. Die Zeitschrift „Politico“ urteilte: Rutte möge die persönliche Gunst Trumps erlangt haben. Aber die Herzlichkeit im Oval Office werfe auch Fragen über Ruttes Engagement für die Grundprinzipien der NATO auf.

Emmanuel Macron

Deutlich bessere Bewertungen für sein Auftreten im Weißen Haus erhielt der französische Präsident Emmanuel Macron. Während seines Besuchs am 24. Februar widersprach er Trump, als der behauptete, die Europäer hätten den größten Teil ihrer Hilfen für die Ukraine zurückerhalten. „Nein, um ehrlich zu sein, wir haben bezahlt“, entgegnete der französische Präsident.

Hand auf den Arm: Macron und Trump am 24. Februar im Oval Office
Hand auf den Arm: Macron und Trump am 24. Februar im Oval OfficeReuters

Seine Widerrede kombinierte Macron mit einem im Umgang mit Trump hilfreichen Mittel: Nämlich dem Körpereinsatz. Während seiner Widerrede legte der französische Präsident beruhigend seine Hand auf den Arm seines amerikanischen Gegenübers. Das rang Trump ein Lächeln ab. „Wenn Sie das glauben, ist das für mich in Ordnung“, sagte der Gastgeber. Später nannte er Macron einen „ganz besonderen Mann“. Auch der Händedruck der beiden glich einem freundschaftlichen Duell im Armdrücken.

Keir Starmer

Offensichtlich gut vorbereitet war auch der britische Premierminister Keir Starmer. Während seines Besuchs am 27. Februar griff der Gast aus London vor laufenden Kameras in sein Sakko. Er habe für Trump einen Brief, den dieser sofort öffnen sollte. Darin: eine Einladung des britischen Königs Charles zu einem Staatsbesuch. Als „beispiellos“, „wirklich historisch“, etwas „ganz Besonderes“ pries Starmer die Einladung nach Schloss Windsor. Das verfing bei Trump, dem bekennenden Bewunderer der britischen Krone.

Die Charmeoffensive Starmers konnte aber nicht verhindern, dass einen Tag später das Treffen Trumps mit Selenskyj vollends aus dem Ruder lief.