Metas Milliarden für Kernkraft – warum der AKW-Deal das Klima nicht rettet

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Die Techgiganten brauchen immer mehr Energie für ihre Rechenzentren. Gleichzeitig wollen sie klimaneutral bleiben. Das «Aufwärmen» alter Kernkraftwerke ist eine pragmatische, aber keine langfristige Lösung.

Server in einem Rechenzentrum von Meta in Prineville, Oregon.

Server in einem Rechenzentrum von Meta in Prineville, Oregon.

Alan Brandt / AP

Mark Zuckerbergs Konzern Meta versucht mitten im KI-Boom einen schwierigen Spagat: einerseits die Stromversorgung für den wachsenden Bedarf an Rechenzentren zu sichern, andererseits die selbstgesetzten Klimaziele irgendwie noch zu retten. Meta sieht in der Kernenergie einen Ausweg aus diesem Dilemma.

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Der Facebook-Konzern will ab 2027 die Stromproduktion eines Kernkraftwerks im Gliedstaat Illinois kaufen – und zwar bis 2047. Darauf hat sich die Techfirma mit dem Energieversorger Constellation Energy geeinigt. Die Anlage, die 1987 in Betrieb ging, sollte im Juni 2027 vom Netz gehen. In den letzten zehn Jahren konnte sie nur dank Subventionen über Wasser gehalten werden. Der Meta-Deal rettet sie nun vor dem Aus.

Mit dem Erwerb des CO2-armen Stroms will Meta einen Teil der Treibhausgasemissionen aus dem Betrieb seiner Rechenzentren kompensieren. Das AKW in Illinois hat gemäss Angaben des Betreibers im Jahr 2023 gut 8 Millionen Megawattstunden Strom ins Netz gespeist. Metas Rechenzentren verbrauchten laut dem Nachhaltigkeitsbericht der Firma im selben Jahr zirka doppelt so viel.

Ein zögerliches Comeback für die Kernenergie

Mit seiner Wette auf die Kernenergie ist Meta nicht allein. Auch Microsoft schloss im Herbst mit demselben Energieversorger einen ähnlichen Deal ab. Dadurch soll der unbeschädigte Reaktor des in den siebziger Jahren havarierten AKW Three Mile Island in Pennsylvania wieder Strom produzieren. Andere Techfirmen investieren in Startups, die eine völlig neue Generation von Kernkraftwerken entwickeln. So will Google bis 2030 die ersten sogenannten kleinen modularen Reaktoren der Firma Kairos Power in Betrieb nehmen.

Das Modell, stillgelegte AKW zu reaktivieren oder die Laufzeit bestehender Anlagen zu verlängern, zeigt: Die vielerorts totgesagte Kernenergie spielt in Zeiten des KI-Goldrausches durchaus noch eine Rolle. AKW über 40 bis 60 Jahre sicher zu betreiben, ist aus technischer Sicht möglich. Ob Atomstrom auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben wird, ist allerdings fraglich.

Im Fall von Meta sind die Vertragsdetails nicht bekannt. Aber beim Microsoft-Deal schätzen Experten, dass der IT-Riese mindestens 100 US-Dollar pro Megawattstunde für den Strom aus Three Mile Island zahlt. Das liegt gut 40 Prozent über dem am selben Standort geltenden Preis für erneuerbaren Strom. Offenbar schrecken die Techfirmen noch vor dem hohen Preis für die Batteriespeicherung zurück. Diese ist nötig, um Rechenzentren auch nachts mit Solar- und Windstrom zu betreiben. Die rund um die Uhr Grundlast liefernde Kernenergie bietet sich hier noch als Retterin in der Not an.

Meta und Co. müssen auf effizientere KI setzen

Doch eine nukleare Renaissance, wie sie manche im Zuge des KI-Zeitalters prophezeien, sieht anders aus. Denn von AKW-Neubauten in grossem Stil lassen die Techgiganten bis jetzt die Finger. Und zwar aus ganz rationalen wirtschaftlichen Gründen. Und auch die kleinen modularen Reaktoren dürften noch etliche Jahre auf einen breiten kommerziellen Einsatz warten müssen.

Derweil lassen die Techfirmen riesige Gaskraftwerke bauen. Gerade in den USA lockt das billige Schiefergas mit dem Versprechen, den kurzfristigen KI-Stromhunger preisgünstig zu stillen. Meta selbst investiert in den Bau eines Gaskraftwerks im Gliedstaat Louisiana. Es soll eine Nennleistung von 2,3 Gigawatt aufweisen – doppelt so gross wie jene des AKW in Illinois. Das zeigt: Der neue Atomdeal mag zwar als Ausgleich für Metas steigende Emissionen dienen. Als Klimaretter taugt er jedoch wohl kaum.

Völlig machtlos sind Meta und die anderen KI-Firmen jedoch nicht, wenn sie am Klimaschutz festhalten wollen. Sie können sowohl bei den eigenen KI-Produkten als auch bei ihren Rechenzentren die Energieeffizienz stärker priorisieren. Dort wird zurzeit Performance um jeden Preis angestrebt. Nachhaltig ist das nicht.