Israel muss sich verteidigen können

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Au­ßenminister Johann Wadephul (CDU) hat trotz abermaliger deutlicher Kritik am Vorgehen Israels im Gazastreifen bekräftigt, dass Deutschland weiter Waffen an das Land liefern soll. Israel werde attackiert von Terrororganisationen wie den Huthi, der Hizbullah, Hamas oder auch dem Staat Iran. „Selbstverständlich wird Israel sich ge­gen diese Gewalt verteidigen können müssen“, sagte Wadephul am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem israelischen Außenminister Gideon Saar. Deswegen werde Deutschland „natürlich“ Israel auch durch Waffenlieferungen weiter unterstützen. „Das stand nie im Zweifel.“ Saar sagte zu dem kritischeren Ton der deutschen Regierung gegenüber Israel: „Wir hören diese Sorgen, und ich denke, wir geben auch eine gute Antwort darauf.“

Mit Wadephuls Aussage ist aber nicht eindeutig geklärt, ob diese Lieferungszusage auch explizit für Rüstungsgüter gilt, die israelische Streitkräfte im Gazastreifen einsetzen. Darüber entscheidet unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Bundessicherheitsrat. Aus der SPD hatte die Kritik an Israel ebenfalls zuletzt an Schärfe gewonnen. Nach Informationen der F.A.Z. stehen derzeit Genehmigungen aus für Anfragen für Rüstungsgüter aus Israel.

„Wir brauchen Deutschlands Unterstützung“

Wadephul kritisierte zwar abermals die humanitäre Lage im Gazastreifen und bezeichnete die Siedlungspolitik der Israelis im Westjordanland als völkerrechtswidrig. Er sprach sich aber trotzdem dafür aus, entgegen der Pläne von europäischen Partnern, Palästina erst am Ende eines ausverhandelten Zweistaatenprozesses anzuerkennen, und nicht vorher. Ebenso warb Wadephul dafür, am Assoziierungsabkommen der EU mit Israel festzuhalten. Saar sagte: „Wir brauchen Deutschlands Unterstützung heute, in diesen schweren Zeiten.“

Bei einem Spezialeinsatz der israe­lischen Armee in Khan Yunis im süd­lichen Gazastreifen waren zuvor in der Nacht zu Donnerstag die Leichen zwei­er israelisch-amerikanischer Geiseln geborgen und anschließend nach Israel überführt worden. Der 72 Jahre alte Gadi Chagai und seine 70 Jahre alte Frau Judy Weinstein Chagai waren am 7. Oktober im Kibbuz Nir Oz im Süden Israels ermordet und nach Gaza entführt worden. Die Armee hatte die Familie des Ehepaares bereits Ende 2023 über dessen Ermordung informiert.

Judy Weinstein Chagai und Gadi Chagai
Judy Weinstein Chagai und Gadi ChagaiAP

Staatspräsident Izchak Herzog sprach am Donnerstag von einem „Moment tiefen Schmerzes“, aber auch von einer „Überwindung der Ungewissheit“. Ähnlich äußerte sich das Forum der Geiselfamilien, das die Regierung zugleich aufforderte, die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln schnellstmöglich nach Israel zurückzuholen. Israelischen Angaben zufolge befinden sich noch mindestens 20 lebende Geiseln sowie die Leichen von 33 Verschleppten in den Händen der Hamas und anderer Organisationen. Die Verhandlungen über ein neues Abkommen über eine Waffenruhe treten auf der Stelle. In der israelischen Bevölkerung wächst der Unmut über Ministerprä­sident Benjamin Netanjahu und seine Regierungskoalition deshalb immer weiter.

Die israelische Armee setzte ihre An­griffe im Gazastreifen ungeachtet dessen weiter fort. Palästinensischen Medienberichten zufolge seien bei ei­nem Luftangriff auf ein Medienzen­trum in Gaza-Stadt am Donnerstag zwei palästinensische Journalisten getötet worden; auch in den Tagen zuvor waren jeweils Dutzende Tote durch Angriffe gemeldet worden. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde liegt die Zahl der bislang getöteten Palästinenser im Gazastreifen bei mehr als 54.000.

Die von Israel und den USA unterstützte Stiftung „Gaza Humanitarian Foundation“ (GHF), die seit Beginn der vergangenen Woche für die Verteilung von Nahrungsmitteln im Gazastreifen zuständig ist, ließ ihre Zentren am Donnerstag weiter geschlossen. In den Tagen zuvor waren Dutzende Palästinenser in der Nähe der Verteilzentren durch israelischen Beschuss getötet worden.