Schweizer Regierung fordert von UBS Milliarden an Zusatzkapital

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Die Schweizer Regierung will nach dem Untergang der Credit Suisse mit strengeren Regeln ein weiteres Bankendebakel verhindern. Vor allem für die UBS drohen einschneidende Verschärfungen der geltenden Vorgaben. So soll die einzige verbleibende Großbank des Landes die Bilanz mit weiteren bis zu 26 Milliarden Dollar an Kernkapital aufpolstern, wie den am Freitag veröffentlichten Vorschlägen des Finanzministeriums zu entnehmen war.

Gegenwärtig beläuft sich das Kernkapital der UBS auf 69,2 Milliarden Dollar. Die Vorgabe liegt am oberen Rand der von der Regierung in Aussicht gestellten Bandbreite, gegen die sich die UBS stets gewehrt hatte. Das letzte Wort dazu hat aber das Schweizer Parlament und womöglich sogar das Volk. Auf jeden Fall hat die UBS wohl rund zehn Jahre Zeit, das Kapital aufzubauen.

Nach einem Bankensturm orchestrierte die Schweizer Regierung im März 2023 eine Not-Übernahme der Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS, um damit auch eine mögliche weltweite Finanzkrise abzuwenden. Finanzministerin Karin Keller-Sutter sprach mit Blick auf die damaligen Ereignisse von einem „Nahtoderlebnis“. Nun will die Regierung sicherstellen, dass es nie wieder zu einer solchen Krise kommt.

Mehr Kapital für Auslandstochtergesellschaften

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die gegenwärtig als zu gering eingestufte Kapitalunterlegung der Auslandstöchter. Im Fall der Credit Suisse hatte die Teil-Unterlegung den Verkauf von Töchtern erschwert, weil dies bei der Muttergesellschaft eine Kapitallücke aufgerissen und die Krise verschärft hätte. Statt einer Eigenkapital-Unterlegung von bisher 60 Prozent sollen es in Zukunft 100 Prozent sein. Auch die Schweizerische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht (Finma) hatten sich für eine volle Unterlegung ausgesprochen.

Das Finanzministerium fordert nun nicht nur mehr Kapital von der UBS, sondern auch eine höhere Qualität des Kapitals. Gegenwärtig kann die Großbank die Auslandstöchter mit hartem Eigenkapital sowie mit sogenannten AT1-Anleihen unterlegen, die in einer Krise in Eigenkapital gewandelt werden können. Dem Finanzministerium zufolge hilft hartes Eigenkapital beim Überwinden einer Krise mehr als die Wandelanleihen. Den Berechnungen zufolge muss die UBS allein für die Auslandstöchter weitere 23 Milliarden Dollar bereitstellen. Zudem sollen Software-Eigenentwicklungen und Steuergutschriften nicht mehr im gleichen Maß angerechnet werden können. Dies löst einen weiteren Kapitalbedarf von rund drei Milliarden Dollar aus.

Das neue Kernkapital soll teilweise AT1-Anleihen ersetzen. Den Bestand dieser Papiere kann die UBS damit um rund acht Milliarden Dollar verringern. Zudem gebe es eine Reihe von Möglichkeiten wie einer Verlagerung von Kapital von einer Tochtergesellschaft zur anderen, um den effektiven Kapitalbedarf zu drücken. „Der erforderliche Kapitalaufbau kann dadurch im Idealfall ohne externe Kapitalaufnahme, ohne übermäßige Einschränkung im organischen Wachstum und ohne übermäßige Reduktion der Ausschüttungen umgesetzt werden“, betonte das Finanzministerium.

Parlament hat das letzte Wort

Im Vorfeld befürchtete die UBS durch deutlich strengere Kapitalanforderungen Wettbewerbsnachteile gegenüber den internationalen Rivalen. Diese Sorgen versuchte das Finanzministerium zu dämpfen, auch wenn die Vorgaben für das Züricher Institut in Zukunft etwas strenger sind. Gemäß den Vorschlägen müsste die UBS 15 bis 17 Prozent der risikogewichteten Aktiven als Kernkapital halten. Bei der Deutschen Bank sind es 13,8 Prozent, bei Morgan Stanley 15,7 Prozent.

Ob es zu der Verschärfung kommt, hängt vom Schweizer Parlament ab. Bis 2027 dürften die Abgeordneten die Kapitalfrage abschließend beraten. Experten rechnen damit, dass die UBS im Vorfeld ihre Lobbyarbeit intensivieren dürfte und damit bei der traditionell bankenfreundlichen Mehrheit des Parlaments auf offene Ohren stoßen könnte. In Kraft treten dürften die neuen Bestimmungen frühestens 2028. Sollte es zu einer Volksabstimmung kommen, würde es noch länger dauern. Für die Einführung sieht die Regierung dann eine Übergangsfrist von mindestens sechs bis acht Jahren nach Inkrafttreten der neuen Regelung vor.

Unklar ist, ob die strengeren Kapitalanforderungen die Pläne der UBS für Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe beeinträchtigen. Jedenfalls haben die drohenden schärferen Kapitalanforderungen bei der UBS-Aktie bereits Bremsspuren hinterlassen. „UBS hat den jüngsten Aufschwung der europäischen Banken weitgehend verpasst“, erklärte Morningstar-Analyst Johann Scholtz. Während die europäischen Bankaktien in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich um 40 Prozent zugelegt hätten, seien die Anteile der UBS praktisch auf der Stelle getreten.

Analysten schließen nicht aus, dass die UBS Korrekturen an ihrem auf Wachstum in Asien und den USA ausgerichteten Geschäftsmodell vornehmen könnte, sollten die strengeren Vorgaben der Regierung Bestand haben. Die Bank habe zwar erklärt, dass eine Aufspaltung des Konzerns nicht zur Diskussion stehe, betonte Scholtz. „Da der regulatorische Druck jedoch zunimmt, werden die leistungsschwachen Geschäftsbereiche, insbesondere die US-Vermögensverwaltungssparte, wahrscheinlich stärker unter die Lupe genommen.“