Elon Musk und Raketentechnik: Der rasende Herkules

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Der in zahlreichen Science-Fiction-Romanen verwendete lateinische Ausdruck „Per aspera ad astra“ (Über raue Pfade zu den Sternen) findet sich in einer antiken Tragödie Senecas mit dem Titel „Hercules furens“ (Der rasende Herkules). Ein rasender Herkules in unseren Tagen heißt Elon Musk, der – was immer man sonst von ihm hält – in wenigen Jahren das Geschäft mit Trägerraketen und Satelliten auf eine beeindruckende Weise erobert hat.

Seine Raketen des Typs Falcon dominieren den Markt, weil sie in hoher Zahl verfügbar sind. Und wegen der Wiederverwendbarkeit von Teilen weitaus effizienter arbeiten als das zu spät an den Markt gekommene und viel zu umständlich und teuer produzierte europäische Modell Ariane 6.

Musks aus mehreren Tausend Geräten bestehendes Satellitensystem Starlink besitzt eine zivile wie eine militärische Bedeutung, der Europa auf absehbare Zeit nichts Adäquates entgegensetzen kann. Das als Antwort geplante, sehr viel kleiner dimensionierte Satellitensystem IRIS-2 wird unter anderem durch altbekannte deutsch-französische Streitigkeiten gelähmt, die schon früher ärgerlich waren, heute aber mit einem sehr viel größeren Schaden verbunden sind. Denn die strategische Bedeutung einer Präsenz im All wird in Zeiten geopolitischer Fragmentierung und technologischer Quantensprünge immer bedeutender.

Daher haben sich innerhalb weniger Tage die Pariser Denkfabrik Institut Montaigne, drei deutsche Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern und Bremen) sowie der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie mit Positionspapieren zu Wort gemeldet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will in der zweiten Junihälfte anlässlich des Luftfahrtsalons von Le Bourget eine programmatische Rede zur Zukunft der französischen und europäischen Raumfahrt halten.

Vom rasenden Herkules Musk könnten die Europäer viel lernen. Ihre Projekte leiden nicht unter mangelnder Qualifikation der Industrie, sondern unter nationalen Kämpfen um Macht und Geld. Sie begünstigen ein planwirtschaftliches Denken, das dem privatwirtschaftlichen Furor Musks nicht gewachsen ist.