75. Sudetendeutsche Tag: Deutsch-Tschechische Aussöhnung

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Vor Beginn des 75. Sudetendeutschen Tags in Regensburg hat Bernd Posselt, Sprecher der Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, von einer „Welle der Aussöhnung und Verständigung“ im Verhältnis zwischen der Tschechischen Republik und den Sudetendeutschen gesprochen. So lobte er etwa, dass die tschechische Regierung beschlossen habe, die Millionen Gräber Sudetendeutscher in der Tschechischen Republik nicht nur als Angelegenheit der betroffenen Familien, sondern als gemeinsames kulturelles Erbe zu behandeln und Geld für die Pflege zur Verfügung zu stellen.

Als weiteres Beispiel nannte er die tschechische Unterstützung für den „Versöhnungsmarsch“, der an den „Brünner Todesmarsch“ erinnert, dem 1945 mindestens 2000 deutschsprachige Bewohner zum Opfer fielen, die mit Tausenden anderen aus der historisch zweisprachigen Großstadt vertrieben wurden. Der Versöhnungsmarsch, der jüngst unter ranghoher Beteiligung beider Seiten stattfand, führt in umgekehrter Richtung vom südmährischen Pohrlitz ins 30 Kilometer entfernte Brünn. Zwei der tschechischen Organisatoren dieses laut Posselt „ungemein bedeutenden“ Ereignisses waren bei einer Pressekonferenz am Freitag in Regensburg – und präsentierten eine Initiative, die in der Tschechischen Republik eine Kon­troverse auslösen könnte. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass der Sudetendeutsche Tag, zu dem sich seit 1950 alljährlich an Pfingsten Sudetendeutsche in Erinnerung an die Vertreibung aus der Tschechoslowakei nach 1945 versammeln, im kommenden Jahr erstmals in der Tschechischen Republik, in Brünn, stattfinden soll.

Posselt nannte die Einladung eine „unglaubliche Ehre“. Die sudetendeutsche Seite würde sich „sicher dabei wohlfühlen“, dies müsse aber auch für die tschechische Seite gelten, sagte er mit Blick darauf, dass die Aussöhnung im Nachbarland nicht nur Freunde hat. Er betonte, im Kampf für Europa gebe es einen gemeinsamen Gegner: den Nationalismus, „die schlimmste Pest“. „Wir sind ein Volk mit zwei Sprachen, aber der Nationalismus auf beiden Seiten hat uns entfremdet, in erster Linie die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus.“

Am Samstag kommt zum ersten Mal seit Längerem der zuständige Bundesinnenminister zum Sudetendeutschen Tag, Alexander Dobrindt, wie Posselt CSU-Mitglied. Der Minister sagte der F.A.Z.: „Das moderne Europa wäre ohne die enormen Anstrengungen, die Leidenschaft und die Bereitschaft zur Einigung nicht möglich gewesen! Die Sudetendeutschen sind Brückenbauer eines vereinten Europas!“