In der Slowakei hat das Parlament beschlossen, dass die Regierung keinen Sanktionen gegen Russland mehr zustimmen dürfe. Ob das Ministerpräsident Robert Fico zwingend zu einem Veto auf dem EU-Gipfel Ende Juni verpflichtet, wenn es um das nächste geplante Sanktionspaket geht, ist aber auch am Tag nach der überraschenden Parlamentsresolution vom Donnerstag unklar.
In Pressburg (Bratislava) wird auf das Beispiel des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán verwiesen, der 2023 bei einer solchen Abstimmung kurz den Saal verlassen hat. Zudem lässt der Wortlaut des Beschlusses dem Regierungschef etwas Spielraum, zu ermessen, ob die geplanten Sanktionen seinem Land konkret schaden. Fico hat bereits EU-Ratspräsident António Costa über den Parlamentsbeschluss unterrichtet.
Er habe Costa telefonisch über ein geplantes Referendum in der Slowakei gegen die Russland-Sanktionen informiert sowie über den Beschluss des Parlaments, „in dem die Mitglieder der slowakischen Regierung aufgefordert werden, auf internationaler Ebene keine Sanktionen gegen Russland zu unterstützen, die den nationalen Interessen der Slowakei schaden“.
Fico will gegen Vorschlag der EU-Kommission stimmen
Während die Mitteilung durch Ficos Presseamt offenließ, wie er mit diesem Beschluss bei der Verlängerung bestehender Sanktionen umgehen wird, machte er klar, dass er gegen den Vorschlag der EU-Kommission stimmen werde, sämtliche Lieferungen von Gas, Öl und Kernbrennstoffen aus Russland einzustellen. Das hätte nach seinen Worten „äußerst negative Auswirkungen“ auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU und würde einige Mitgliedstaaten „in eine praktisch unlösbare Situation bringen“, namentlich die Slowakei und Ungarn.
Fico hat seit je Sanktionen kritisiert, mit denen die EU auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim (2014) durch Russland und den offenen Angriffskrieg gegen die Ukraine (seit 2022) reagiert hat. Als Ministerpräsident (bis 2018 und seit 2023) hat er aber – ähnlich wie Orbán – keinen der Sanktionsbeschlüsse blockiert. Innenpolitisch wurde Fico dafür kritisiert, vor allem durch die nationalistische SNS, von deren Stimmen seine knappe Mehrheit im Parlament abhängt.
Ein ungeplantes Doppelmanöver
SNS-Chef Andrej Danko gilt als schwer berechenbar, zumal seine Partei nach einer Fraktionsspaltung nicht mit eigenen Leuten in der Regierung vertreten ist; zwei von ihr nominierte Minister sind nicht SNS-Mitglieder. Die Initiative zum Beschluss gegen Sanktionen ging von SNS-Abgeordneten aus.
Offenbar wollte die Parteiregie von Ficos Smer und seinem anderen Koalitionspartner Hlas vermeiden, dass er durchgeht, denn bei der Abstimmung fehlten vier Abgeordnete aus ihren Reihen. Gleichzeitig zogen sich die Oppositionsabgeordneten, angeführt vom Liberalen Michal Šimečka, aus der Abstimmung zurück.
Durch dieses offensichtlich ungeplante Taktikdoppelmanöver wurde das Quorum für die Abstimmung entscheidend gesenkt, sodass der Beschluss wirksam wurde. Danko kommentierte den Ausgang der Abstimmung so: „Gottes Wege sind manchmal unberechenbar.“