Das Endspiel von Roland-Garros geht in die Geschichte ein. Es wird nicht das letzte zwischen Carlos Alcaraz und Jannik Sinner bleiben – und das zu Recht.
5:29 Stunden. Die zwei weltbesten Tennisspieler im direkten Duell. Fünf Sätze plus Match-Tiebreak. Die Maximaldistanz. Kampf bis zum Umfallen. Durch Gewinnschläge, Fehler, Punkte, vergebene Chancen, Krämpfe, Erschöpfung. Keiner gibt auf, keiner verliert den Glauben, beide mit dem unbedingten Willen. Hoffnung. Verzweiflung. Enttäuschung. Zittern. Jubel. Wahnsinn.
4:6, 6:7, 6:4, 7:6, 7:6. Was der Spanier Carlos Alcaraz und der Italiener Jannik Sinner in diesem Rekordfinale der French Open gezeigt haben, war mitreißend. Dramatisch. Episch. Sie beide, das Publikum im Court Philippe-Chatrier, wir alle werden dieses Endspiel, mit all seinen Überraschungen, seinen Wendungen, seinen Emotionen, nicht vergessen. Ein Wort: Wow!
Ein Endspiel, das eigentlich keinen Verlierer verdient hatte. Ein Endspiel, das eigentlich keinen Verlierer hat. Sondern nur Gewinner. Alcaraz, diesen wuchtig kämpfenden Löwen auf der roten Asche von Paris. Sinner, diesen hartnäckigen, eleganten Fighter. Und das Tennis überhaupt.
Die einmalige Zeit der “Großen Drei”, die den Tennissport über fast zwei Jahrzehnte dominiert haben, steht vor ihrem endgültigen Ende: Der große Roger Federer und der nicht minder große Rafael Nadal haben ihre Karrieren längst beendet, auch für den mittlerweile 38-jährigen Rekord-Grand-Slam-Sieger Novak Djoković rückt das Ende seiner legendären Laufbahn immer näher.
Sie wissen das Tennis aber in besten Händen. Denn der leidenschaftliche, laute, extrovertierte “Carlitos” und der so in sich ruhende, stets beherrschte rothaarige “Fuchs”, Jahrgänge 2003 und 2001, sie sind die neuen Aushängeschilder dieses Sports. Auf dem Platz herausragend, menschlich bewegend, geerdet, sympathisch.
Sie haben geschafft, was die eigentliche “Next Generation” um Alexander Zverev, Daniil Medvedev, Stefanos Tsitsipas oder Casper Ruud über Jahre nicht zu erreichen imstande war: Sie haben den Tennis-Thron seit 2024 an sich gerissen. Mehr noch: Sie haben ihn Djoković, dem letzten verbliebenen Granden aus der einstigen Phalanx, und seinen vermeintlichen Erben entrissen. Acht der letzten elf Grand-Slam-Turniere hatten entweder Alcaraz oder Sinner als Sieger, die letzten sechs sogar in Folge.
In Paris zeigten sie nun im direkten Duell, warum: Spielwitz, Kampfgeist, der unbändige Wille zum Erfolg, Leidenschaft, Hartnäckigkeit, Energie, Esprit. Fast fünfeinhalb Stunden lang.
Diese Schlacht auf dem Sand von Paris war nun das erste Grand-Slam-Finale der beiden gegeneinander. Und gleich eines für die Geschichtsbücher. Es wird nicht das letzte bleiben. “Wir haben alles versucht, alles gegeben, was wir haben”, sagte der entkräftete Sinner nach dem Endspiel. “Es ist schwer, aber ich bin auch glücklich mit diesem zweiten Platz.” Denn einen richtigen Verlierer gab es nicht an diesem Sonntagabend am Bois de Boulogne.