Länder wie Estland oder Kanada können die Bildungsverläufe ihrer Schüler anhand einer Schüler-ID von der Geburt bis zum Ende der Berufsausbildung verfolgen.In Deutschland ist das wegen einer fehlenden ID und aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen bisher nicht möglich. So wissen Universitäten nicht, was mit Studenten geschieht, die sich exmatrikuliert haben – ob sie das Studium abgebrochen haben oder woanders weiterstudiert haben, mit den Schulen verhält es sich ähnlich.
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD deshalb die Einführung einer Schüler-ID angekündigt, die eine anonymisierte Erfassung von Bildungsverläufen möglich macht. Nun hat sich die Bundesdirektorenkonferenz (BDK) der Gymnasien, die über zwei Drittel der Gymnasialschulleiter in Deutschland vertritt, ebenfalls für eine Schüler-ID ausgesprochen.
Bei ihrer Frühjahrstagung in Schwerin haben sich die Gymnasialschulleiter für eine durchgängige, an den Bildungsstandards orientierte Kompetenzfeststellung von der ersten Klasse an ausgesprochen. Außerdem fordern sie verpflichtende Sprachstandserhebungen nach dem Vorbild Hamburgs. Das bedeutet, dass bei Sprachdefiziten auch eine verpflichtende Förderung folgen muss.
Sprachstandserhebung für Viereinhalbjährige
Denn der Grundstein für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen werde schon in der Kita gelegt – unter anderem durch Sprachförderung und den Erwerb feinmotorischer Fähigkeiten. Daher müssten die frühkindliche Bildung sowie eine Sprachstandserhebung für Viereinhalbjährige nach Hamburger Vorbild als feste Bestandteile in die Bildungspläne der Länder aufgenommen werden.
Die Gymnasialschulleiter nennen allerdings auch Bedingungen für die datengestützte Schulentwicklung. Denn zielloses Datensammeln rund um die Schule erscheine wenig sinnvoll, erschwere eine fundierte Analyse und sei nachgewiesenermaßen nicht förderlich. Auch Datenerhebungen, die zu Mehrbelastungen im Kollegium führten, könnten kaum erfolgreich sein. „Wir fordern eine wissenschaftlich fundierte, die Bildungslaufbahn eines jeden Kindes strukturiert begleitende, auch gegenüber den Eltern aussagekräftige und vor allem zielführende Diagnostik“, heißt es in der Erklärung der BDK.
Die Verbesserung des Unterrichts und die Leistungssteigerung der Schüler müssten das Ziel datengestützter Schulentwicklung sein. „Dafür benötigen die Gymnasien in Deutschland externe Unterstützung durch jährliche digitale Kompetenzfeststellungen, die auf bundesweiten Bildungsstandards ausgerichtet sind“, sagte der Vorsitzende der BDK, der Berliner Schulleiter Arnd Niedermöller. Zur Überprüfung ihrer Arbeit brauchten die Schulen verlässliche Daten zur Leistungsentwicklung der Schüler.
Für optimal halten die Gymnasialschulleiter automatisch generierte, individualisierte Fördermaterialien zur gezielten Unterstützung der Schüler. Dabei müsse die Belastung für Lehrer und Schulleiter bei der Organisation und Erhebung möglichst gering gehalten werden.