Die Spritpreise schwanken derzeit außergewöhnlich stark. Zwischen dem Tageshoch am Morgen und dem Tagestief am Abend liegen bei Superbenzin der Sorte E10 inzwischen 12,5 Cent pro Liter, bei Diesel sind es sogar 13,3 Cent, wie eine Analyse der Preise im Mai durch den ADAC ergeben hat. Das ist für E10 der höchste Unterschied seit Beginn der regelmäßigen Untersuchung durch den ADAC, bei Diesel der zweithöchste. Noch vor einem Jahr hatten sich die Preise im Tagesverlauf nur um gut sechs bis sieben Cent bewegt.
Es lohne sich sehr, „beim Tanken die regelmäßigen Schwankungen der Kraftstoffpreise im Tagesverlauf zu nutzen und möglichst zu günstigen Tageszeiten zu tanken“, rät der ADAC-Kraftstoffmarkt-Experte Christian Laberer. Damit könne man nun wieder deutlich mehr sparen als vor einem Jahr.
Morgens teuer, abends billig
Maximal verkürzt heißt die Sparformel: Abends statt morgens. So steigen die Spritpreise am Morgen ab etwa 6.00 Uhr stark an und erreichen ihr Tageshoch kurz nach 7.00 Uhr, also im Berufsverkehr. Dann ist Diesel im Schnitt 9 Cent teurer als im Tagesdurchschnitt, Super E10 um 8 Cent. Von dort geht es allerdings steil bergab, schon gegen 9.00 Uhr liegt der Preis nur noch 2 Cent über dem Tagesschnitt, bevor er wieder leicht ansteigt und sich dann in Wellen Richtung Abendtief bewegt. Kurz vor Mittag ist Sprit bereits gut 2 Cent unter dem Tagesschnitt, kurz vor 18.00, 20.00 und 22.00 Uhr sind es sogar rund 4 Cent, wobei das Tief kurz vor 20.00 Uhr eine Kleinigkeit günstiger ist als die anderen beiden. Ab 22.00 Uhr geht es dann wieder nach oben, bleibt die Nacht über relativ ruhig, bevor es am nächsten Morgen wieder steil nach oben geht.
Insgesamt zählt der ADAC im Tagesverlauf acht typische Preisspitzen. Das entspricht dem Rekordniveau des Vorjahres. An einzelnen Tankstellen können es auch deutlich mehr sein, die Auswertung des Verkehrsclubs beruht auf Durchschnittswerten. Das Bundeskartellamt hatte zu Jahresbeginn im Schnitt 22 Preisänderungen pro Tankstelle gezählt, bei manchen waren es sogar mehr als 40 oder in seltenen Fällen mehr als 50 am Tag. Eine Garantie, am Abend auch das exakte Preistief zu erwischen, gibt es also nicht. Die Chancen stehen aber zumindest gut.
Preisentwicklung in den vergangenen Jahren
Auch im Verlauf der Jahre schwankten die Spritpreise stark. Im Mai etwa kostete der Liter Super E10 im bundesweiten Monatsdurchschnitt nach Daten des ADAC 1,68 Euro pro Liter. Diesel kostete 1,56 Euro. Das ist weniger als im Durchschnitt des Jahres 2024 und deutlich weniger als in den vom Ukrainekrieg teuer gemachten Jahren 2023 und vor allem 2022, als beide Kraftstoffe zeitweise mehr als zwei Euro pro Liter kosteten.
Ist Sprit also billig? Nicht unbedingt, denn noch 2020 fiel der Preis für einen Liter Diesel zwischenzeitlich unter einen Euro. Im Jahresschnitt waren beide Kraftstoffe damals mehr als 40 Cent billiger als jetzt im Mai. Preise wie sie aktuell an den Tankstellen stehen, wären bis zum Herbst 2021 nahe an oder sogar über den damaligen Allzeithochs gewesen und im Jahrzehnt von 2010 bis 2019 lagen die Spritpreise im Durchschnitt mehr als 20 Cent niedriger als zuletzt.
Doch ist dieser Vergleich überhaupt fair? Nicht unbedingt, denn er lässt die Inflation außer Acht. Rechnet man die Spritpreise seit dem Jahr 2000 analog zur allgemeinen Preissteigerung um, die über die volle Zeitspanne mehr als 60 Prozent betrug, sieht das Bild anders aus und die aktuellen Spritpreise landen im Mittelfeld: Bei Diesel wären nach dieser Rechnung 12 der vergangenen 25 Jahre teurer gewesen als derzeit, bei Benzin 18.
Für die Schwankungen ist dabei insbesondere der Ölpreis verantwortlich, der alleine in den vergangenen fünf Jahren zwischen umgerechnet weit mehr als 100 Euro und unter 40 Euro pro Barrel (159 Liter) gelegen hat. Wie hoch genau der Anteil des Ölpreises am Liter Sprit ist, lässt sich allerdings nur überschlagen, weil aus Öl verschiedenste Produkte entstehen. Geht man als Annäherung nur nach dem Volumen, kommt man beim aktuellen Ölpreis auf Werte in der Dimension um 36 Cent.
Sehr viel höher ist der Anteil des Staates durch Energiesteuer, Mehrwertsteuer und CO2-Abgabe. Zusammen machen sie mit rund 105 Cent bei Super und 86 Cent bei Diesel den größten Brocken aus. Die Mehrwertsteuer spielt für die Preisentwicklung kaum eine Rolle. Der CO2-Preis spielt erst seit einigen Jahren eine Rolle und er steigt. Mit 13 Cent bei Benzin und knapp 15 Cent bei Diesel ist er aber noch überschaubar. Der Rest des Preises entfällt auf Verarbeitung, Vertrieb und die Gewinne der Mineralölkonzerne.