Die durchschnittlichen Temperaturen der Nordsee waren im Frühjahr so hoch wie nie. Auch in der deutschen Ostsee wurden Rekordtemperaturen gemessen. Vor Kiel gab es sogar eine marine Hitzewelle.
Die Nordsee ist in diesem Frühjahr so warm gewesen wie noch nie seit Beginn entsprechender Auswertungen vor knapp 30 Jahren. Die Wassertemperatur lag in den Monaten März bis Mai im Schnitt bei 8,7 Grad Celsius; das waren 0,9 Grad mehr als im Mittel der Jahre vom Beginn der Datenreihe 1997 bis 2021, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg bekanntgab.
Fast die gesamte Nordsee sei an der Oberfläche mindestens ein halbes Grad wärmer als üblich, mit deutlichen Ausreißern nach oben, sagte der Leiter des Referats “Marine Klimafragen” beim BSH, Tim Kruschke, auf tagesschau24. Die größten Abweichungen traten den Angaben zufolge in der östlichen Nordsee vor der norwegischen und dänischen Küste auf, wo die Temperaturen bis zu 2 Grad über dem langjährigen Mittel lagen.
Im deutschen Teil der Nordsee lagen die Oberflächentemperaturen laut BSH ebenfalls deutlich über dem langjährigen Mittel – um 0,8 bis 1,5 Grad.
Deutscher Teil der Ostsee mehr als 2 Grad wärmer
In der Ostsee betrug die Durchschnittstemperatur im Frühjahr 5 Grad, wie das BSH weiter mitteilte. Das sei ein Grad über dem langjährigen Mittel und das sechstwärmste Frühjahr seit 1997. Dabei gab es deutliche regionale Unterschiede: Der äußerste Norden war den Angaben zufolge etwas kälter als der Durchschnitt, während der Süden deutlich wärmer war.
Im südwestlichen Teil der Ostsee, der die deutschen Gewässer und die dänischen Inseln umfasst, lagen die Temperaturen mehr als 2 Grad über dem Langzeitmittel. Damit handelt es sich dort um das wärmste Frühjahr seit Beginn der aktuellen Daten im Jahr 1997.
BSH-Klimaexperte Kruschke sagte, in Kiel habe es von März bis Mai sogar eine “marine Hitzewelle” gegeben. In einer Wassertiefe von einem halben Meter dauerte sie mit 55 Tagen den Angaben zufolge so lange wie nie zuvor seit 1989. Der Höchstwert lag bei 4,3 Grad über dem Durchschnitt. Bei solchen Hitzewellen gehören die Temperaturen mindestens fünf Tage lang zu den höchsten zehn Prozent der über 30 Jahre gemessenen Werte am betreffenden Ort für die jeweilige Jahreszeit.
Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt
Die Temperaturentwicklung habe drastische Auswirkungen auf die Tier und Pflanzenwelt, so Kruschke. “Bisher heimische Pflanzen fühlen sich in diesem Klima unter Umständen nicht mehr wohl. Bei Fischen hat es Auswirkungen auf Reproduktionszyklen.” Langfristig könne es zur Abwanderung von Arten und dem Einwandern nicht heimischer Arten kommen.”
Direkte Folge des Klimawandels
Zu den Gründen der Entwicklung sagte der Klimaexperte des BSH, kurzfristig spiele vor allem das lokale Wetter eine große Rolle. “Wir hatten jetzt ein Frühjahr in Norddeutschland, wo es extrem sonnig und wolkenfrei war. Das treibt die Meeresoberflächentemperatur extrem in die Höhe.” Solche Schwankungen gebe es immer wieder, “aber darunter liegt eben langfristiger Erwärmungstrend”. Das BSH messe in der Nordsee bereits seit 1969, “und wir sehen, dass sich die Nordsee insgesamt im Mittel schon in dieser Zeit um 1,2 Grad erwärmt hat”. Die Ostsee sei seit 1990 schon um zwei Grad wärmer. “Das ist der langfristige Klimawandel, den wir Menschen verursachen. Und da sehen wir hier ganz klar die Symptome davon.”
Das BSH analysiert wöchentlich die Oberflächentemperaturen der Nordsee und Ostsee, indem es Satellitendaten mit Messungen von Stationen und Schiffen kombiniert. Das Frühjahrsmittel 2025 wurde anhand der Wochenmittelwerte von März bis Mai berechnet und mit dem Frühjahrsmittel von 1997 bis 2021 verglichen.