Morbus Crohn und Colitis ulcerosa breiten sich weltweit aus – auch dort, wo sie früher kaum bekannt waren. Forscher warnen vor einer globalen Krankheitswelle.
Jahrzehntelang galten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen als typische “Zivilisationskrankheiten” des Westens. Inzwischen verändert sich das Bild: Immer mehr Menschen in Asien, Lateinamerika und Afrika erhalten die Diagnose Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Wissenschaftler haben nun vier Stadien der weltweiten Ausbreitung identifiziert – und schlagen Alarm.
Colitis ulcerosa wurde erstmals 1859 in Großbritannien beschrieben, Morbus Crohn 1932 in den USA. In den Jahrzehnten danach blieben die Fälle selten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Erkrankten in Nordamerika und Europa stark an – und dies setzt sich nun weltweit fort.
Ein internationales Forschungsteam um Gilaad Kaplan (Universität Calgary) und Siew Ng (Chinesische Universität Hongkong) spricht im Fachmagazin “Nature” von einer “globalen Krankheitswelle”. Grundlage ist eine Analyse von Daten aus mehreren Kontinenten. Für 2030 rechnen die Forscher allein in den USA und Europa mit über sieben Millionen Betroffenen.
Die Forscher unterscheiden vier Phasen in der weltweiten Ausbreitung:
Colitis ulcerosa beginnt meist am Enddarm und lässt sich durch eine sogenannte Sigmoidoskopie erkennen – eine Untersuchung des unteren Darmabschnitts. Morbus Crohn dagegen betrifft oft den gesamten Verdauungstrakt, vom Mund bis zum After. Die Diagnose ist aufwendiger, in vielen Fällen ist eine vollständige Darmspiegelung (Koloskopie) nötig.
Beide Krankheiten sind nicht heilbar, verlaufen in Schüben und können die Lebensqualität stark einschränken. Besonders beunruhigend: Immer häufiger erkranken Kinder und Jugendliche.
Inzwischen verzeichnen auch Schwellenländer wie China, Malaysia oder Brasilien steigende Fallzahlen. Viele der Länder befinden sich im Stadium 2 der Ausbreitung. In ärmeren Regionen Afrikas beobachten Forscher das Stadium 1: Erste Erkrankungen treten auf, Diagnosen erfolgen aber oft verzögert, weil die nötige medizinische Ausstattung fehlt.
Ein Grund für die Zunahme ist laut Studie der westliche Lebensstil. Immer mehr Menschen übernehmen Ernährungs- und Verhaltensmuster, die mit einem erhöhten Krankheitsrisiko verbunden sind – mehr Zucker und verarbeitete Lebensmittel, wenig Bewegung.
“Ein Ende der Krankheitswelle ist nicht in Sicht”, warnen Kaplan und Ng. Die Ursachen von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind zwar noch nicht vollständig geklärt, aber Umweltfaktoren, insbesondere die Ernährung, gelten als zentrale Auslöser.
In Deutschland gelten Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bereits als Volkskrankheiten. Die Zahl der Neuerkrankungen wächst stetig weiter. Fachleute rechnen damit, dass hierzulande in den kommenden Jahren immer mehr junge Menschen betroffen sein werden. Eine gute medizinische Versorgung ist entscheidend – ebenso wie die Prävention durch eine gesunde Lebensweise.