Schäden an vier von fünf Bäumen

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Wälder sind Erholungsorte, gerade für gestresste Großstadtbewohner wie in Berlin. Doch der Wald selbst stehe „unter Dauerstress“, konstatierte Alois Rainer, CSU-Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, als er am Mittwoch im Berliner Wald die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2024 vorstellte. Hitze, Trockenheit und Schädlinge setzten den Wäldern weiterhin zu. „Nur jeder fünfte Baum trägt noch volles Grün“, schilderte der Minister.

Die Situation habe sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verbessert. Zwar sei die Witterung im Jahr 2024 günstiger gewesen als in den Vorjahren. Aber bei Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen machten sich weiterhin negative Folgen lang anhaltender Trockenperioden und überdurchschnittlich hoher Temperaturen seit dem Jahr 2018 bemerkbar. „Ich sehe das mit Sorge und mit Verantwortung“, sagte Minister Rainer.

Denn der Wald sei „mehr als Natur“. Er sei auch Lebensraum, Klimaschützer und Wirtschaftsfaktor. Auch die folgenden Generationen seien auf gesunde, stabile Wälder angewiesen. Damit es Fichte. Kiefer, Eiche und Buche wieder besser geht, will die schwarz-rote Bundesregierung Waldbesitzer entlasten, „statt ihnen überflüssige Bürokratie aufzuhalsen“, wie Minister Rainer sagte. Waldnutzung und Waldumbau seien „aktiver Klimaschutz“. Die Bundesregierung stärke nachhaltige Waldbewirtschaftung durch Investitionen in Wiederaufforstung und Waldumbau, Forschung und Wissenstransfer.

Özdemirs Regeln gingen vielen zu weit

Vom Tisch sind hingegen Pläne für eine Novellierung des Bundeswaldgesetzes, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) dem Verband AGDW – Die Waldeigentümer, der sowohl private als auch kommunale Eigentümer vertritt, versicherte. Der vorherige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte eine umfassende Reform des Bundeswaldgesetzes von 1975 angestrebt. Ziel sollte neben der Förderung der Forstwirtschaft auch sein, die Widerstandsfähigkeit deutscher Wälder, vor allem gegenüber den Folgen des Klimawandels, zu stärken und die „Dienstleistungen“ der Wälder für den Schutz der Artenvielfalt, des Wasserhaushalts, die Reinigung der Luft und die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen.

Doch die zahlreichen neuen Vorgaben und Regelungen, die Özdemir plante, gingen nicht nur Waldbesitzer- und Forstverbänden zu weit. Unter anderem plante Özdemir, dass Kahlschläge von mehr als einem Hektar Waldfläche grundsätzlich nur noch mit behördlicher Genehmigung erlaubt sein sollten. Zunächst vorgesehene Straftatbestände im Fall von Verstößen wurden zwar in einem späteren Entwurf durch Androhungen von Bußgeldern ersetzt. Aber auch die zurückgestutzten Reformpläne konnte Özdemir in der Ampelkoalition nicht mehr durchbringen.

Seismograph für den Gesundheitszustand des Waldes ist, wie dicht belaubt oder benadelt die Baumkronen sind. Seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984 hat der sichtbare Blatt- beziehungsweise Nadelverlust, die sogenannte Kronenverlichtung, bei allen Baumarten zugenommen. Im Jahr 2019 wurde die deutlichste Verschlechterung beobachtet. Seitdem verharren die Schäden auf einem sehr hohen Niveau. „Es haben sich keine deutlichen Verbesserungen des Waldzustands eingestellt, aber auch keine deutliche Verschlechterung im Vergleich zu 2023“, teilte das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch mit.

Nach wie vor sei eine hohe Kronenverlichtung bei allen Arten zu verzeichnen, heißt es in der neuen Erhebung. Die Anteile der Schadstufe „deutliche Kronenverlichtung“ (36 Prozent) und der „Warnstufe“ (43 Prozent) seien weiterhin auf hohem Niveau. Überdurchschnittlich be­troffen seien Bäume, die älter sind als 60 Jahre. Der Anteil der Bäume mit deutlicher Kronenverlichtung liegt hier bei 43 Prozent. Bei den Bäumen, die jünger als 60 Jahre seien, hingegen nur bei 16 Prozent.

„Sorgen macht gerade auch der Zustand vieler Eichenbestände“, kommentierte der Präsident der AGDW, Andreas Bitter, die Ergebnisse: Bundesweit sei der Anteil der Eichen mit deutlichen Kronenverlichtungen binnen Jahresfrist von 44 auf 51 Prozent gestiegen. Dies sei „ein klares Zeichen für den zunehmenden durch den Klimawandel bedingten Druck auf diese wichtige Laubbaumart“. Hingegen ging bei der Fichte der Anteil stark geschädigter Baumkronen von 43 auf 39 Prozent zurück. Ein Zeichen zur Entwarnung sei das aber nicht, so Bitter. Vielmehr seien viele durch Dürre und Borkenkäfer belastete Fichtenbestände ausgefallen und deshalb nicht mehr Teil der Erhebung.

Für die Jahre 2019 bis 2024 wurde von den Ländern ein Wiederbewaldungsbedarf von etwa 525.000 Hektar gemeldet. Ziel ist es, Fichtenmonokulturen durch Mischwälder zu ersetzen. Die Unionsparteien und die SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, „die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von klimaresilienten und artenreichen Misch­wäldern mit standortgerechten Baum­arten sowie die Unterstützung der Wald­besitzer bei der Erbringung von Öko­system­leistungen (zu) verbessern“. Finan­zielle Förderung für den Wald über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sollten fortgeführt werden.