Im Wettrennen der Technologiebranche auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz wagt Mark Zuckerberg ein teures Manöver. Der von ihm geführte Internetkonzern Meta steht Medienberichten kurz davor, einen zweistelligen Milliardenbetrag in den KI-Spezialisten Scale AI zu investieren. Dies kommt, nachdem Meta zuletzt einige Rückschläge mit seinen KI-Aktivitäten hinnehmen musste. Scale AI ist einer der prominentesten Vertreter aus einer Gruppe aufstrebender KI-Start-ups in den USA, sein Mitgründer und Vorstandschef Alexandr Wang ist laut „Forbes“ mit 28 Jahren der jüngste Milliardär auf der Welt, der sein Vermögen aus eigener Kraft erarbeitet hat.
Und dafür, dass Scale AI noch nicht zur ersten Liga amerikanischer Techgiganten gehört, hat sich Wang bemerkenswerten Zugang zu höchsten politischen Kreisen verschafft. Ebenso wie Vorstandschefs viel größerer Konzerne war er bei der Vereidigung von Donald Trump zum US-Präsidenten im Januar, und kürzlich gehörte er auch zur Delegation amerikanischer Manager, die Trump auf seinem Besuch im Nahen Osten begleiteten.
Auch andere Regierungschefs wie den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den britischen Premierminister Keir Starmer hat er in den vergangenen Monaten getroffen. Wang gehört zudem zu den Stimmen in der Technologiebranche, die besonders eindringlich vor der Bedrohung durch Chinas KI-Ambitionen warnen. Darüber sprach er kürzlich in einer Anhörung vor dem amerikanischen Kongress.
Sie übertreffen auch die „Künstliche Allgemeine Intelligenz“
Meta will den Berichten zufolge fast 15 Milliarden Dollar für einen Anteil von 49 Prozent an Scale AI zahlen. Wang soll im Rahmen der Vereinbarung zu Meta wechseln und eine führende Rolle in einem neuen Labor für besonders futuristische KI-Systeme übernehmen. Es soll sich mit der Entwicklung einer bislang noch nicht existierenden „Superintelligenz“ befassen, also Technologien, die dem Menschen in der Bewältigung intellektueller Aufgaben überlegen sind.
Sie übertreffen auch die „Künstliche Allgemeine Intelligenz“ (AGI), die dem menschlichen Gehirn ebenbürtig sein soll. Auch AGI gibt es bislang noch nicht, und die Meinungen in der Branche darüber, wann es so weit sein könnte, gehen weit auseinander. Neben Wang sollen offenbar noch andere Mitarbeiter von Scale AI zu Meta kommen, und der Konzern hat wohl auch versucht, KI-Spezialisten anderer Unternehmen abzuwerben. Er soll dabei nach Angaben der „New York Times“ Gehaltspakete in sieben- bis neunstelliger Höhe angeboten haben.
Scale AI wurde 2016 von Wang und Lucy Guo gegründet und ist eine Art Zulieferer für die Entwickler von KI-Modellen; zu den Kunden gehören Open AI, Microsoft und auch Meta. Das Unternehmen ist auf die Kennzeichnung und Aufbereitung von Daten spezialisiert, die zum Trainieren von KI-Modellen nötig sind. Dies ist ein Prozess, der viel menschliche Arbeit erfordert, und Scale AI setzt Tausende von freien Mitarbeitern in verschiedenen Ländern der Welt ein. Darunter sind auch Regionen mit sehr niedrigem Lohnniveau; Scale AI ist kritisiert worden, diesen freien Mitarbeitern nicht genug zu bezahlen, es sind auch Klagen gegen das Unternehmen eingereicht worden.

Weil KI-Modelle immer besser werden und die Anforderungen an die zugrunde liegenden Daten steigen, versucht Scale AI in jüngster Zeit verstärkt, höher qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Das Unternehmen hat zudem seinen Aktionsradius ausgeweitet und entwickelt selbst KI-Software. Es versucht auch zunehmend, mit Regierungen Geschäfte zu machen, und hat kürzlich einen KI-Auftrag vom US-Verteidigungsministerium bekommen. Medienberichten zufolge rechnet es in diesem Jahr mit einem Umsatz von zwei Milliarden Dollar. In seiner jüngsten Finanzierungsrunde vor rund einem Jahr wurde es mit knapp 14 Milliarden Dollar bewertet. Mitgründerin Guo hat Scale AI schon 2018 verlassen, ist aber laut „Forbes“ dank ihres Anteils am Unternehmen noch immer Milliardärin.
Wang wurde als Sohn chinesischer Einwanderer in Los Alamos im US-Bundesstaat New Mexico geboren. Seine Eltern sind beide Physiker und haben im berühmten National Laboratory in Los Alamos gearbeitet, einem Forschungslabor der US-Regierung, in dem einst die erste Atombombe entwickelt wurde. Wang wollte schon als Teenager Unternehmer werden. Er brach sein Informatikstudium am Massachusetts Institute of Technology nach einem Jahr ab und ging ins Silicon Valley, wenig später gründete er Scale AI. Das Unternehmen war zunächst vor allem darauf spezialisiert, Daten an Entwickler autonomer Fahrtechnologien zu liefern, nach einiger Zeit fing es an, sich auf KI zu konzentrieren.
Zuletzt ist Wang mit Beiträgen zum politischen Diskurs und seiner Nähe zu Politikern aufgefallen. Er war bei Trumps Amtseinführung und veröffentlichte auf der Plattform X ein Foto, auf dem er dort mit Sam Altman zu sehen ist, dem Vorstandschef von Open AI, mit dem er befreundet ist. Zu Trumps Vereidigung schaltete er auch eine ganzseitige Zeitungsanzeige, auf der es hieß: „Lieber Präsident Trump, Amerika muss den KI-Krieg gewinnen.“
In einem zugehörigen Brief an Trump warnte er: „Die chinesische Regierung investiert in noch nie da gewesenem Tempo in KI.“ Er schlug dem Präsidenten Initiativen für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit vor, um im Wettbewerb mit China nicht zurückzufallen, und er bot sich mit seinem Unternehmen als „Partner“ an. Bei seinem Auftritt vor dem Kongress im April forderte Wang, eine „nationale Reserve für KI-Daten“ zu etablieren.
Meta investiert massiv in KI. Das Unternehmen entwickelt das KI-Modell Llama und den darauf basierenden Chatbot Meta AI. Es gilt mit diesen Produkten gemessen an Wettbewerbern wie Open AI aber nicht als führend, und gerade in den vergangenen Monaten sorgte es für einige Enttäuschungen. Eine besonders leistungsstarke Version seiner KI-Modellgeneration Llama 4 musste Medienberichten zufolge verschoben werden. Außerdem gab es Vorwürfe, Meta habe Testverfahren für seine jüngsten KI-Modelle manipuliert, um sie in ein besseres Licht zu rücken.