Ketamin als Droge: Häufig konsumiert

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Viel mehr als nur ein Rausch

Ketamin als Droge: Häufig konsumiert – trotz großer Risiken

Aktualisiert am 12.06.2025 – 04:00 UhrLesedauer: 4 Min.

Ketamin in TütenVergrößern des Bildes

Die auch “Special K” oder “K” genannte Substanz wird meist als weißes Pulver geschnupft. (Quelle: —/Hauptzollamt Krefeld/dpa/dpa-bilder)

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Ketamin – einst als Narkosemittel entwickelt, inzwischen verbreitet auf Partys im Umlauf: Was den Reiz der Substanz ausmacht – und warum sie alles andere als harmlos ist.

“Friends”-Star Matthew Perry ließ sich vor seinem Tod immer wieder Ketamin injizieren, und um den Ketamin-Konsum von Tech-Milliardär Elon Musk wurde zuletzt wieder angeregt diskutiert. Die schon seit Jahrzehnten verfügbare Substanz hat in den vergangenen Jahren nicht nur in Promi-Kreisen, sondern auch in der Clubszene extrem an Beliebtheit gewonnen. Einer Studie in Berlin zufolge war sie schon vor sechs Jahren die am vierthäufigsten genutzte Clubdroge, wie Felix Betzler von der Charité in Berlin sagt. “Seither hat Ketamin noch mal an Popularität gewonnen.”

Zu den Faktoren zählten leichte Verfügbarkeit, ein vergleichsweise niedriger Preis und der erzielte Effekt, erklärt Betzler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Verstärkend wirke, dass Ketamin in der Popkultur thematisiert wird. Im Song “Special K” von Placebo, “Space Kitten” von The Polish Ambassador und “Get Ready for the K-Hole!” von Kissy Sell Out zum Beispiel.

Hinzu kommt der Promi-Faktor. Musk erklärte, Ketamin helfe dabei, aus dunklen psychischen Löchern herauszukommen. In einem Interview erzählte er 2024, dass er etwa alle zwei Wochen eine kleine Menge Ketamin nehme. Auf einen kritischen Medienbericht hin erklärte er dann kürzlich, die Substanz seither nicht weiter genutzt zu haben.

Tatsächlich wird Ketamin in zahlreichen klinischen Studien auf seine Wirksamkeit bei Depressionen geprüft. Bereits zugelassen ist in der EU und den USA der Ketamin-Ableger Esketamin zur Notfallbehandlung therapieresistenter Depressionen, verabreicht als Nasenspray unter ärztlicher Aufsicht. Dass die Substanz als Medikament und damit als sicher wahrgenommen werde, sei ein weiterer Faktor für die verstärkte Popularität, sagt Betzler.

Der Wirkstoff wird synthetisch hergestellt, erstmals 1962 in den USA bei der Suche nach einem neuen Narkosemittel. Im Vietnamkrieg wurde Ketamin an amerikanischen Soldaten erprobt und etablierte sich danach in der Human- und Tiermedizin. Wegen der Nebenwirkungen – Halluzinationen und Nahtoderfahrungen – kommt es heutzutage kaum noch als Narkosemittel zum Einsatz, Rettungskräfte verwenden es aber als Schmerzmittel.

Als Rauschdroge wird Ketamin ebenfalls schon seit Jahrzehnten genutzt. Die auch “Special K” oder “K” genannte Substanz wird meist als weißes Pulver geschnupft, wie Betzler erklärt. Die Wirkung hält dann ein bis zwei Stunden an.

Als Partydroge wird Ketamin gerade wegen seiner euphorisierenden und dissoziativen Wirkungen genutzt, die bei Narkosemitteln unerwünscht sind. Die Wahrnehmung der Umgebung – etwa von Farben und Geräuschen – werde bei steigender Dosis massiv verändert, erklärt Ingo Schäfer von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Typisch sei zudem ein Gefühl der Loslösung vom eigenen Körper oder einer Auflösung des Ichs, in starker Ausprägung K-Hole genannt. Auf Betrachter wirke der Zustand häufig wie Bewusstlosigkeit.

Vielfach ja, wie Experten sagen. Grund sei die etablierte medizinische Nutzung. “Immer wenn eine Substanz auch zu therapeutischen Zwecken verwendet wird, kann das das Problembewusstsein vermindern”, sagt Betzler. Auch Schäfer ist überzeugt: “Es besteht die Gefahr der Verharmlosung durch den therapeutischen Einsatz.”

Ketamin wird gegen Depressionen eingesetztVergrößern des Bildes
Bei Menschen mit entsprechender Veranlagung können depressive Symptome verstärkt werden. (Quelle: picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa/dpa-bilder)

In einer britischen Studie gab ein großer Teil der Konsumenten mit einer sogenannten Ketamin-Konsumstörung an, sich der Suchtgefahr erst bewusst geworden zu sein, als ihr Ketamin-Konsum bereits außer Kontrolle geraten war. Viele erklärten, dass die zunehmende Erprobung als therapeutisches Mittel womöglich das Missbrauchspotenzial verschleiert habe, wie es im Fachjournal “Addiction” heißt.

Das bei weitem häufigste Konsummuster sei, Ketamin gelegentlich in der Freizeit oder bei Partys zu nehmen, sagt Schäfer, Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg. Anders als etwa bei Heroin oder Fetanyl entstehe durch Ketamin keine körperliche Abhängigkeit. Psychisch allerdings könne das Verlangen immens sein, immer wieder zu konsumieren. “Oft geht es darum, belastenden Gefühlen zu entkommen.”