Die Zahl der gewaltsam vertriebenen Menschen weltweit bleibt auf einem hohen Niveau. Nach Angaben von UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, waren Ende April dieses Jahres weltweit 122,1 Millionen Menschen vor Krieg und Vertreibung geflohen. Das sind gut zwei Millionen mehr als gut ein Jahr zuvor, wie aus dem jüngsten Weltflüchtlingsbericht hervorgeht, den die Organisation am Donnerstag vorgestellt hat. Einen Lichtblick sieht Filippo Grandi, der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, in der leicht gestiegenen Zahl der Rückkehrer.
Weltweit suchten demnach Ende vergangenen Jahres etwa 42,7 Millionen Flüchtlinge in einem Land außerhalb ihrer Heimat Schutz vor Krieg und Verfolgung. Die Zahl blieb weitgehend stabil und beinhaltet 31 Millionen Flüchtlinge unter UNHCR-Mandat, 5,9 Millionen Palästinenser unter UNRWA-Mandat und 5,9 Millionen Venezolaner, die in eine gesonderte Kategorie fallen. Die Zahl der Menschen, die innerhalb ihres Landes fliehen mussten, wuchs deutlich um 6,3 Millionen auf 73,5 Millionen Binnenvertriebene. Hinzu kommen 8,4 Millionen Asylsuchende, auch das ein deutlicher Anstieg um mehr als 1,5 Millionen.
Vor allem der Konflikt in Sudan, der im April 2023 begann, hat viele Menschen zur Flucht veranlasst. Insgesamt gelten dort 14,3 Millionen als vertrieben – noch mehr als in Syrien, wo 13,5 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen haben. Weitere Staaten mit besonders vielen Vertriebenen sind Afghanistan mit 10,3 Millionen und die Ukraine mit 8,8 Millionen.
Wer die Heimat verlässt, bleibt oft in einem Nachbarland
Laut dem Bericht hat sich die Zahl der Binnenflüchtlinge, die in einem anderen Teil ihres Heimatlands Zuflucht suchen, seit 2018 mehr als verdoppelt. Allein in Sudan haben zwei von drei Vertriebenen Schutz in einer anderen Region des Landes gefunden.
Wenn Geflüchtete eine Landgrenze überqueren, bleiben sie laut dem Bericht meist in einem Nachbarland. Gemessen an der eigenen Bevölkerungszahl nimmt Libanon die größte Zahl Geflüchteter auf. In Deutschland ist die Zahl der Asylanträge zuletzt um ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Positiv bewertet Grandi, dass fast zwei Millionen Syrer in ihre Heimatorte zurückkehren konnten. „Aber das Land ist nach wie vor labil und die Menschen brauchen unsere Hilfe, um ihr Leben wieder aufbauen zu können“, sagte er.
Das UNHCR ruft die Staaten dazu auf, mehr Geld für weltweite Flüchtlingshilfe bereitzustellen. Die Verbesserung der Infrastruktur und des sozialen Systems in den großen Aufnahmeländern des sogenannten Globalen Südens seien auch eine Investition in die globale Sicherheit, heißt es in dem Bericht. Während sich die Zahl der vertriebenen Menschen in den vergangenen zehn Jahren von 65 Millionen auf 122 Millionen fast verdoppelt habe, erwarte das Hilfswerk in diesem Jahr lediglich finanzielle Mittel in ähnlicher Höhe wie 2015.
Das UNHCR finanziert sich hauptsächlich durch freiwillige Beiträge von Staaten. Die USA, bislang größter Geldgeber, haben ihre Zuwendungen deutlich gekürzt. Statt wie in früheren Jahren fast zwei Milliarden Dollar zu überweisen, gab die Regierung in Washington nach Angaben des UNHCR in diesem Jahr bislang nur etwa 390 Millionen Dollar. Auch die Beiträge Deutschlands an das Hilfswerk seien zuletzt gesunken, von etwa 535 Millionen Dollar im Jahr 2022 auf 330 Millionen im Jahr 2024.