Mehr als 1,5 Millionen Kunden zählt der Hörakustiker Kind. Das Familienunternehmen mit dem Werbeslogan „Ich hab‘ ein Kind im Ohr“ ist Marktführer für Hörgeräte in Deutschland, mit mehr als 3000 Beschäftigten in etwa 650 Fachgeschäften sowie einer eigenen kleinen Hörgeräte-Produktion. Jetzt gibt die Familie Kind das Unternehmen aber weiter – an den Weltmarktführer Demant A/S aus dem dänischen Smørum. Der Kaufpreis belaufe sich auf 700 Millionen Euro (ohne liquide Mittel und ohne Schulden), heißt es in einer Mitteilung von Demant. Das dänische Unternehmen ist nach eigenen Angaben weltweit führend in der Hörversorgung, von Diagnosegeräten über die Produktion von Hörgeräten bis zum Verkauft. Auch Kind gehört seit zwei Jahrzehnten zu den Kunden von Demant.
„Der Zusammenschluss wird uns eine führende Position auf dem deutschen Hörversorgungsmarkt sichern“, lautet die zentrale Botschaft des Firmenchefs an die Mitarbeiter, die über eine Videobotschaft und persönliche Treffen informiert wurden. Der 52 Jahre alte Alexander Kind hatte in den letzten Jahren sukzessive die Führung des Unternehmens mit Sitz in Großburgwedel von seinem Vater Martin Kind übernommen, der seinerseits in der Öffentlichkeit durch sein Engagement beim Fußballverein Hannover 96 bekannt ist.
„Das Unternehmen ist jetzt besser für die Zukunft aufgestellt“
Demant sei der ideale Partner, um das Erbe weiterzuführen, wird Alexander Kind in der Pressemitteilung von Demant zitiert: „Unser Unternehmen ist jetzt besser für die Zukunft aufgestellt und in den bestmöglichen Händen.“ Solche Formulierungen könnten einen Hinweis darauf geben, dass Kind selbst an der Zukunftsfähigkeit des 1970 vom Großvater gegründeten Unternehmens Zweifel hatte. In der Branche lenkt man den Blick darauf, dass Kind sehr stark auf Deutschland fokussiert und damit von der Inlands-Konjunktur abhängig ist: wenn das Geld knapp ist, warten manche Verbraucher etwas länger, bevor ein neues oder besseres Hörgerät angeschafft wird.
Die Marke Kind soll erhalten bleiben, wird bei Kind betont. Demant dürfte vor allem auch an der Ladenkette interessiert sein, zumal rund 150 der Filialen auch Leistungen in der Augenoptik anbieten, was angesichts des demographischen Wandels als zukunftsträchtige Kombination erachtet wird. Durch die Übernahme, die voraussichtlich im zweiten Halbjahr vollzogen wird, wächst das Demant-Netzwerk auf 4500 Hörgeräte-Fachgeschäfte weltweit, darunter 900 in Deutschland.
Demant rechnet damit, dass Kind im nächsten Jahr organisch etwa einen Umsatz von 300 Millionen Euro beitragen wird. Über den Ergebnisbeitrag der Neuerwerbung gibt es in der Demant-Mitteilung nur eine verklausulierte Angabe, dass die Ebit-Marge durch die Übernahme „im Zehner-Bereich“ steigen werde. Die Synergien würden sich erst im Jahr 2028 ganzjährig auswirken, heißt es weiter. Laut Analystenschätzungen wird für Demant in diesem Jahr ein Umsatz von umgerechnet rund 3,2 Milliarden Euro erwartet. Der Kurs der im dänischen Aktienindex OMX Copenhagen 25 gelisteten Demant A/S stieg nach der Veröffentlichung der Kind-Übernahme zeitweise um bis zu 4 Prozent an.