Das Fleischunternehmen Tönnies mit Hauptsitz in Rheda-Wiedenbrück darf nicht wie geplant die meisten deutschen Teile des niederländischen Schlachtkonzerns Vion übernehmen. Das Bundeskartellamt hat heute das Vorhaben untersagt, mit dem der deutsche Marktführer in der Schweineschlachtung auch im Rindfleischgeschäft um gut ein Drittel gewachsen wäre.
Vion hatte sich eigentlich fast komplett aus seinen deutschen Aktivitäten verabschieden wollen und wollte insbesondere die Schlachthöfe in Buchloe, Crailsheim und Waldkraiburg an Tönnies verkaufen. Daraus wird nun erst einmal nichts. Allerdings ist der Beschluss des Bundeskartellamtes noch nicht bestandskräftig; es könnte noch Beschwerde gegen ihn eingelegt werden, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hätte.
Der Chef des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, sagte zur Begründung, die Übernahme der Vion-Standorte hätte „die Marktposition von Tönnies zum Nachteil der Landwirtinnen und Landwirte und der verbleibenden kleineren Wettbewerber in den betroffenen Regionen bedenklich verstärkt“. Neben seiner bereits dominierenden Position in der Schlachtung und Verarbeitung von Schweinen in Deutschland hätte das Unternehmen auch im Bereich Rinder eine Führungsposition erlangt, argumentiert der Behördenchef.
Verbot kommt durchaus überraschend
„Die Übernahme würde die Ausweichmöglichkeiten der Erzeuger und Abnehmer verringern und so die Marktstellung der Tönnies-Gruppe und deren Handlungsspielräume erweitern“, sagte Mundt weiter. Nachteile wären ihm zufolge auch bundesweit für Abnehmer von Schlachtprodukten entstanden.
Die Tönnies‐Gruppe ist ein Familienunternehmen mit Schwerpunkt im Bereich der Schlachtung und Zerlegung von Schweinen und Rindern und sie stellt Fleisch- und Wurstwaren her. Der Branchenriese beschäftigt mehr als 20.000 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2023 Umsätze von rund 7,8 Milliarden Euro auf der ganzen Welt.Die Vion Food‐Gruppe sitzt im niederländischen Boxtel und ist ebenfalls international tätig. Sie stellt Fleisch, Fleischerzeugnisse und Fleischalternativ-Produkte her. Im Jahr 2023 setzte sie rund 5,1 Milliarden Euro um.
Das Verbot kommt durchaus überraschend. Branchenkenner hatten eigentlich damit gerechnet, dass der Zusammenschluss ohne größere Auflagen genehmigt werden würde, zumal er fast einer Sanierungsfusion nahegekommen wäre. Vion kämpft schon seit einiger Zeit in Deutschland mit Schwierigkeiten. In der wurde erwartet, dass Tönnies nach einer Übernahme erst einmal hätte einen Investitionsstau beseitigen und mindestens mittlere zweistellige Millionenbeträge hätte in die Hand nehmen müssen, um die eher altersschwachen Vion-Betriebe wieder fit zu machen.
Kartellamtschef Mundt hatte noch im Jahr 2024 auf eine Frage der F.A.Z. zu einem möglichen Zukauf von Vion-Standorten durch Tönnies gesagt, dass in der Fleischindustrie schon verschiedene Fusionen sehr intensiv geprüft worden seien. „Bislang sind wir da noch nicht an die wettbewerblichen Grenzen gestoßen“, hieß es damals.