Parteiinternes Verfahren gegen Gelbhaar eingestellt

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Sieben Monate nach dem Fall des Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar haben die Grünen das parteiinterne Verfahren gegen den Politiker eingestellt. Ihm waren sexuelle Übergriffe zur Last gelegt worden. Die Vorwürfe jedoch beruhten teils auf frei erfundenen Ereignissen, teils auf juristisch irrelevanten Vorkommnissen.

Nach den Ermittlungen einer internen Kommission der beiden ehemaligen Grünen-Politiker Anne Lütkes und Jerzy Montag habe es sich dabei um eine „Organisation von Meldungen“ gehandelt, die „geballt“ vor der Listenaufstellung zur Bundestagswahl aufgetaucht seien und „erkennbar“, wenn auch nicht bei allen, das Ziel gehabt habe, Gelbhaars Wiederaufstellung zu verhindern.

Eine rechtliche Relevanz der Beschuldigungen haben Lütkes und Montag nicht erkennen können. Schwere Vorwürfe richten die Untersuchungsführer gegen die Grüne Jugend, deren Vorsitzende Jette Nietzard das fragwürdige Vorgehen gegen Gelbhaar seinerzeit mit den Worten verteidigt hatte: „Es gilt als feministische Partei, Betroffenen zu glauben.“

Drei Meldungen in 15 Minuten

Montag und Lütkes schreiben in ihrem Bericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, dass die Organisation der Mitteilungen „wohl innerhalb oder im Umfeld der Grünen Jugend zu suchen ist“. Dabei sei ein „organisierender Wille“ erkennbar. Sieben der gemeldeten Vorfälle seien innerhalb von 48 Stunden eingetroffen, die Vorgänge hätten den Angaben zufolge drei bis sieben Jahre zurückgelegen. Bei weiteren Meldungen habe es gar keine Zeitangaben gegeben.

Es sei „mehr als unwahrscheinlich“, dass etwa drei der schwerwiegenden Vorwürfe „rein zufällig“ innerhalb von 15 Minuten bei der Ombudsstelle eingetroffen seien. Beim Umgang mit den Vorwürfen, die bereits gerichtlich als „völlig inhaltsleer“ bewertet worden seien, sei von den Grünen voreilig gehandelt worden. Dem Beschuldigten wurde keine Verteidigung ermöglicht und stattdessen Gelbhaars Karriere im Bundestag jäh beendet. Eine Rolle spielte dabei die Berichterstattung des Landessenders rbb, die sich als grundlegend falsch erwies. Das Mandat gewann schließlich die neue Grünen-Kandidatin Julia Schneider, die es angenommen hat.

Dennoch fällt das Urteil der beiden Untersuchungsführer so aus: „Für die gesamte Grüne Partei bedeutet der Vorgang um S.G. einen erheblichen Reputations- und Vertrauensschaden. Er hat möglicherweise den Ausgang der Bundestagswahl tangiert“, so die Sachkundigen. Für Gelbhaar habe der Vorgang „das jähe Ende seiner politischen Karriere“ sowie „eine öffentliche persönliche Herabsetzung“ bedeutet, bei der er keine Gelegenheit bekommen habe, sich in einem vertraulichen Ombudsverfahren oder einem innerparteilichen Schiedsgerichtsverfahren erklären oder verteidigen zu können.

Zu Gelbhaar hält der Bericht fest, dass es „in einigen Frauenzusammenhängen der Partei in Berlin seit einigen Jahren die Einschätzung eines zumindest grenzwertigen Verhaltens von S.G.“ gegeben habe. Dazu könne er „wohl auch selbst Anlass gegeben haben“. Es habe auch entsprechende Hinweise an ihn gegeben.

Der Bundesvorstand der Grünen hat den beiden Berichterstattern für ihre Arbeit gedankt und in einer Pressemitteilung ausführlich eigenes Fehlverhalten ausgeschlossen. Man habe sich „sensibel und sorgfältig“ um die Meldungen gekümmert. Die Organisation sei lediglich „strukturell überfordert“ gewesen. Eine Arbeitsgruppe soll das weitere Vorgehen beraten.