Die Zinsen der Banken in Deutschland für Dispositionskredite sind im Durchschnitt wieder unter die Marke von zehn Prozent gefallen. Darauf weist die Unternehmensberatung Barkow Consulting unter Berufung auf Daten der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank hin. Demnach betrug der Zinssatz, den Bankkunden in Deutschland im April zahlen mussten, wenn sie ihr Girokonto überzogen, im Schnitt 9,98 Prozent.
Die Angaben beziehen sich auf eine „volumengewichtete“ Stichprobe aus 200 repräsentativ ausgewählten Banken: Das bedeutet, in die Durchschnittsberechnung fließt ein, wie stark die Dispokredite unterschiedlicher Banken und Sparkassen genutzt worden sind. Diese Art der Berechnung hat zur Folge, dass die Werte derzeit etwas niedriger ausfallen, als wenn man einfach einen Durchschnittswert über alle Angebote bildet.
Bis zum Februar 2024 waren die Dispozinsen laut dieser Statistik stark angestiegen. Auf dem Höhepunkt des Zinsniveaus zu diesem Zeitpunkt betrugen sie im Durchschnitt 11,06 Prozent. Kurz darauf, im Juni 2024, hatte die EZB dann zum ersten Mal wieder die Leitzinsen gesenkt. Bis April 2025 fiel der EZB-Einlagensatz um 1,75 und der Hauptrefinanzierungssatz um 2,1 Prozentpunkte. Die Banken haben die Leitzinssenkungen jeweils nicht eins zu eins in den Dispozinsen weitergegeben, aber die Tendenz war dieselbe. Über den gesamten Zeitraum fielen sie um 1,08 Prozentpunkte, also weniger als die Leitzinsen.
Zinsen von 0 bis mehr als 20 Prozent
Dabei sind die Unterschiede in den Zinssätzen je nach Institut weiterhin groß. Sie reichen von 0 bis mehr als 20 Prozent. Die absoluten Spitzenreiter mit Zinssätzen von mehr als 20 Prozent sind dabei allerdings oftmals Spezialfälle; Konten, die eigentlich nicht zum Überziehen gedacht sind oder ländliche Institute mit Ausreißerkonditionen. Der Girokontenvergleich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nennt aber durchaus eine beachtliche Gruppe von Volksbanken und Sparkassen, die 15 bis 16 Prozent Dispozinsen verlangen. Die großen Banken liegen etwas darunter. Die Commerzbank nimmt bei ihrem Standardgirokonto 11,9 Prozent, die Deutsche Bank 11,6 Prozent und die Hypovereinsbank 13,19 Prozent.
Auch unter den Konten mit sehr niedrigen Dispozinsen gibt es Spezialfälle. So gibt es einzelne Banken, die beispielsweise die Nutzung eines Dispokredits über einen kleinen Betrag unentgeltlich gestatten. Oftmals bieten Banken auch unterschiedliche Kontomodelle an, unter denen ein Modell eine niedrige monatliche Kontoführungsgebühr und hohe Dispozinsen aufweist, ein anderes hingegen eine höhere Grundgebühr kombiniert mit niedrigen Dispozinsen.
Die Stiftung Warentest hat unlängst die Faustregel ausgegeben, Dispozinsen von sieben Prozent könnten noch als günstig gelten. Es gibt in manchen Teilen Deutschlands auch regionale Institute mit solchen Konditionen, zum Teil auch noch deutlich darunter. Die Kreissparkasse Gotha beispielsweise verlangt 5,19 Prozent, die Sparkasse Gera Jena Rudolstadt 5,7 Prozent und die Volksbank Freiburg 7,2 Prozent. Eher niedrig sind zudem tendenziell die Dispozinsen von Direktbanken. Die Bank C 24 nimmt 7,49 Prozent, die Berliner Direktbank DKB 8,68 Prozent und die ING Deutschland 9,89 Prozent. Letztere hat gerade angekündigt, aufgrund des gesunkenen Zinsniveaus ihren Dispozinssatz zum 15. Juni auf 9,64 Prozent zu verringern.
Koppelung an einen Referenzzins
Bemerkenswert ist, dass in vielen Kontovergleichen im Internet der durchschnittliche Zinssatz für Dispokredite bis heute noch nicht unter die Marke von zehn Prozent gefallen ist. So nennt die FMH-Finanzberatung einen Durchschnittswert von 10,96 Prozent, die Verbraucherplattform Biallo sogar von 11,7 Prozent. In beiden Vergleichen sind die Zinssätze seit 2024 zwar auch zurückgegangen, die Durchschnittswerte liegen insgesamt aber höher. Unternehmensberater Peter Barkow erklärt das mit der Verwendung des „volumengewichteten“ Durchschnitts in seinem Vergleich: Ausreißer nach oben, die kaum in Anspruch genommen würden, bekämen dadurch weniger Gewicht.
Es hat in der Vergangenheit unterschiedliche politische Ansätze gegeben, die Dispozinsen zu regulieren, weil sie Politikern als zu hoch erschienen. Eine Regelung in diesem Zusammenhang ist, dass die Banken die Höhe ihrer Dispozinsen an einen Referenzzins koppeln müssen. Barkow meint, das sei ein Grund, warum die Dispozinsen jetzt mit dem allgemeinen Zinsniveau sinken. Allerdings sind die Banken offenbar recht frei darin, an welchen Referenzzins sie ihren Dispozins koppeln – und wie viel sie dann noch mal aufschlagen.