Israel greift über 100 Ziele in Iran an: Operation „Rising Lion“

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„Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment der Geschichte Israels“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, als die Luftangriffskampagne seines Landes auf Iran angerollt war. Die „Operation Rising Lion“ solle die iranische Bedrohung für Israels Überleben zurückdrängen. Sie werde so lange dauern, wie es notwendig sei. Schon die erste Nacht war der schwerste Angriff, den Israel jemals gegen Iran geführt hat.

In mehreren Angriffswellen, an denen mehr als 200 Kampfflugzeuge beteiligt waren, wurden nach israelischen Militärangaben vor dem Morgengrauen mehr als 100 Ziele angegriffen. Die Bombardements richteten sich in erster Linie gegen das iranische Atomprogramm, es wurden aber auch Militäreinrichtungen getroffen und hohe Militärführer getötet.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA bestätigte einen Angriff auf die Anreicherungsanlage in Natans. Dort hat das iranische Regime den größten Teil seines nuklearen Brennstoffs – auch ein Großteil des hochangereicherten nahezu waffenfähigen Urans. Wie groß der Schaden für die unterirdisch gelegenen und mit Beton verbunkerten Zentrifugen ist, war zunächst unklar.

Das iranische Staatsfernsehen meldete außerdem den Tod zweier führender Wissenschaftler des Atomprogramms: Fereydoun Abbasi-Davani und Mohammad Mehdi Tehranchi; beide waren mit internationalen Sanktionen belegt. Explosionen wurden aus der Stadt Tabris gemeldet, wo ein Forschungszentrum und Militärstützpunkte liegen.

Iranische Militärführung massiv geschwächt

Nach israelischen Regierungsangaben wurden bei den Angriffen auch die iranische Luftabwehr, Anlagen zur Entwicklung von Raketen sowie Waffenlager attackiert, außerdem die Wohnungen und Hauptquartiere hoher Kader des iranischen Regimes.

Dabei wurde die iranische Militärführung massiv geschwächt. Brigadegeneral Mohammad Bagheri, der Militärchef und zweithöchste Befehlshaber nach dem Obersten Führer Ali Chamenei, wurde nach iranischen Medienberichten getötet. Die Staatspresse meldete außerdem den Tod des Kommandeurs der mächtigen Revolutionswächter, General Hossein Salami. Außerdem kam demnach der stellvertretende Kommandeur der Streitkräfte, General Gholamali Rashid um. Ferner wurde offenbar Ali Schamkhani getötet, ein wichtiger Berater von Revolutionsführer Chamenei.

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Dieser kündigte eine „harte Bestrafung“ für den israelischen Angriff an, den er als „schmutziges uns blutiges Verbrechen“ bezeichnete. Er hob hervor, dass auch Wohngebiete angegriffen wurden und erklärte, der „starke Arm“ der iranischen Streitkräfte werde Israel nicht ungestraft lassen. Die Regierung in Tel Aviv erwartete einen schnellen Gegenschlag und ermahnte die Bevölkerung, sie müsse sich womöglich über längere Zeit in Luftschutzbunkern aufhalten. Zunächst sprach ein Sprecher der Streitkräfte von „mehr als hundert Drohnen“, die Iran gestartet habe und die man abschießen wolle.

Das iranische Regime hat in der Vergangenheit außerdem mit Vergeltungsangriffen auf feindliche Einrichtungen in der Region gewarnt, etwa auf Militärstützpunkte oder diplomatische Vertretungen. Washington hatte am Mittwoch den Abzug diplomatischen Personals vor allem aus dem Irak angeordnet. Die Vereinigten Staaten, den wichtigsten Alliierten Israels, erwähnte Irans Oberster Führer in seiner Racheandrohung nicht ausdrücklich.

Rubio: Washington an Angriffen nicht beteiligt

Das iranische Außenministerium erklärte allerdings, der Angriff hätte ohne Koordinierung mit den Vereinigten Staaten und ohne Erlaubnis Washingtons nicht stattfinden können. „Dementsprechend ist die US-Regierung als wichtigster Unterstützer des Regimes auch für die gefährlichen Folgen dieser rücksichtslosen Eskalation verantwortlich“, hieß es in einer Stellungnahme.

Der amerikanische Außenminister Marco Rubio erklärte dagegen, Washington sei nicht an den Angriffen beteiligt gewesen und habe diese auch nicht unterstützt. Israel hatte Washington allerdings vorab über den Angriff unterrichtet. 

Präsident Donald Trump hatte noch wenige Stunden davor erklärt, er wolle genau so etwas vermeiden. „Ich will nicht, dass sie reingehen, denn das würde alles zunichte machen“, sagte er mit Blick auf eine mögliche israelische Attacke und die diplomatischen Bemühungen seiner Regierung, einen Deal mit Teheran zu erreichen, der dessen Atomprogramm einhegt. Für Sonntag war eine weitere Verhandlungsrunde in Oman geplant.

Sonderbeauftragter Steve Witkoff hat nach Angaben der „New York Times“ weiterhin vor, die Reise anzutreten. Ob seine iranischen Gesprächspartner kommen, scheint nach dem israelischen Großangriff indes fraglich. Zunächst stand die militärische Konfrontation im Vordergrund. In einer ersten Vergeltungsaktion brachte Teheran etwa 100 Drohnen auf den Weg nach Israel.