Eine weitere Demütigung für Iran

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Irans Oberster Führer Ali Khamenei beeilte sich am Freitag, dem Eindruck entgegenzutreten, das Land könnte nach dem israelischen Angriff führerlos und handlungsunfähig sein. Zwar bestätigte er ungewöhnlich rasch den Tod „zahlreicher Kommandeure und Wissenschaftler“. Unter ihnen die beiden wichtigsten Militärs des Landes, der Chef der Revolutionsgarde, Hossein Salami, und der Stabschef der regulären Streitkräfte, Mohammad Bagheri. Khamenei sagte: „Ihre Nachfolger und Kollegen werden mit Gottes Hilfe sofort ihre Aufgaben übernehmen.“

Kurz darauf wurden die Nachfolger ernannt. Der frühere Verteidigungs- und Innenminister Ahmad Vahidi soll die Revolutionsgarde leiten. Zum Interimsstabschef wurde der bisherige Kommandeur der Marine, Habibollah Sayyari, ernannt. Das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Israel ein erheblicher Schlag gegen die Kommandostruktur des Landes gelungen war.

Bagheri stand als Stabschef an zweiter Stelle hinter dem Oberbefehlshaber Khamenei. Auch Bagheris Stellvertreter Gholamali Rashid wurde getötet. Dass das Regime trotz der erwarteten Eskalation nicht in der Lage war, seine führenden Militärs zu schützen, ist nicht nur ein Zeichen seiner Schwäche, sondern auch eine schwere Demütigung. Ohne israelischen Zugriff auf Geheiminformationen aus dem Innern des Apparats dürfte das kaum möglich gewesen sein. Das wirft für Teheran die Frage auf: Wie sicher ist der Oberste Führer selbst?

Ermordung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh im Juli 2024

Zu den israelischen Angriffszielen zählten ein Wohngebiet für führende Militärs und das Hauptquartier der Revolutionsgarde in Teheran. Die Garde bildet gemeinsam mit dem Obersten Führer das Zentrum der Macht. Die nach der Islamischen Revolution von 1979 gegründete Struktur ist nicht nur die dominante militärische Kraft im Land. Sie ist auch für die Niederschlagung von Protesten im Innern verantwortlich und kontrolliert weite Teile der Außenpolitik und der Wirtschaft. Ihr nun getöteter Chef Hossein Salami hatte das Kommando seit 2019 inne.

Wie die meisten der führenden Regimevertreter kämpfte er schon in den Achtzigerjahren im Krieg gegen den Irak. Der Krieg prägt bis heute das Selbstverständnis und das strategische Kalkül des Regimes. Auch Bagheri, der getötete Stabschef, kämpfte im Krieg gegen den Irak (1980–1988) und war anschließend viele Jahre mit geheimdienstlichen Aufgaben betraut.

Die Tötung der Militärs ist eine weitere von vielen Demütigungen, die Israel Iran zuletzt zugefügt hat. Am folgenschwersten war die Ermordung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh im Juli 2024 unmittelbar nach der Amtseinführung von Präsident Massud Peseschkian. Haniyeh wurde in einem Gästehaus der Revolutionsgarde getötet, was schon damals vermuten ließ, dass der israelische Geheimdienst den iranischen Machtapparat infiltriert haben könnte. Ranghohe Mitglieder der Revolutionsgarde wurden anschließend zur Vernehmung einbestellt. Auch die Tötung eines ranghohen Generals der Revolutionsgarde, Mohammad Reza Zahedi, in einem Konsulargebäude Irans in Damaskus im April 2024 ließ vermuten, dass Israel Zugang zu hochgeheimen Informationen über die Bewegungsprofile ranghoher Militärs hatte.

Einen eher symbolischen Wert für Israel hat, dass Ali Shamkhani, ein führender Berater des Obersten Führers, am Freitag zumindest schwer verletzt wurde, wie die Website Nour News berichtete. Shamkhani spielte zuletzt eine wichtige Rolle bei der Formulierung der iranischen Verhandlungsstrategie in den Gesprächen mit den USA über das iranische Atomprogramm.

Auch Wissenschaftler des Atomprogramms getötet

Mindestens drei führende Persönlichkeiten des Atomprogramms wurden ebenfalls getötet. Iranische Medien nannten die Forscher Ahmadreza Zolfaghari und Mohammad-Mehdi Tehranchi sowie den früheren Chef der iranischen Atombehörde, Fereydoun Abbasi.

In der Vergangenheit hat Israel wiederholt Anschläge auf Nuklearwissenschaftler verübt, um das Atomprogramm des Landes zu schwächen. Am folgenschwersten war 2020 die Ermordung von Mohsen Fakhrizadeh, der von israelischen und amerikanischen Geheimdiensten als führender Kopf des Atomprogramms betrachtet wurde. Er wurde außerhalb Teherans auf offener Straße, offenbar mithilfe eines ferngesteuerten Maschinengewehrs, erschossen. Neben den Atomanlagen wird das Wissen der iranischen Atomwissenschaftler als zentral betrachtet, weil das Land mit seiner Hilfe zerstörte Anlagen wieder aufbauen könnte.