Mit der Verabschiedung eines Aktionsplans für einen verstärkten Schutz der Weltmeere ist die UN-Ozeankonferenz in Nizza zu Ende gegangen. Die von ärmeren Inselstaaten geforderten massiven Finanzzusagen blieben jedoch aus. „Diese Konferenz hat den Meeresschutz deutlich vorangebracht, trotz geopolitisch schwieriger Lage“, sagte Umweltminister Carsten Schneider (SPD). Deutschland habe die Konferenz genutzt, um mit Partnerländern die künftige Ausweisung von Schutzgebieten auf hoher See vorzubereiten.
Dies wird möglich, sobald das Hochseeabkommen von 60 Staaten ratifiziert ist und damit in Kraft treten kann. Deutschland muss selbst für die Ratifizierung noch zwei Gesetze verabschieden. Gastgeberland Frankreich hatte vergeblich dafür geworben, die Schwelle von 60 Staaten in Nizza zu erreichen. Nun soll dies bis Anfang nächsten Jahres geschehen. Das Hochseeabkommen erreichte bisher 50 Ratifikationen: Inkrafttreten in Reichweite, nachdem 19 weitere Länder ihre Ratifikationsurkunden während der Konferenz hinterlegt haben – entscheidend bleibt aber die anschließende Umsetzung.
An der am Montag begonnenen UN-Konferenz nahmen Vertreter aus 175 Staaten teil. Die USA, das zu den Ländern mit den längsten Küsten zählt, waren erstmals nicht mit einer offiziellen Delegation vertreten.
USA wegen Tiefseebergbau nicht anwesend?
Angesichts des Alleingangs der USA, die den umstrittenen Tiefseebergbau vorantreiben wollen, forderten 37 Staaten in Nizza eine vorsorgliche Pause für diese Praxis. Mehrere Großbanken kündigten an, Projekte im Tiefseebergbau nicht zu finanzieren.
Der Abbau von Mineralien droht die Artenvielfalt zu zerstören, klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) freizusetzen und Schwermetalle in die Nahrungskette zu bringen. Auch Deutschland unterstützt das Tiefseebergbau-Moratorium. „Wir wissen einfach noch zu wenig über die potenziellen Schäden“, betonte Umweltminister Schneider.
US-Präsident Donald Trump hatte im April ein Dekret unterzeichnet, um den Abbau von Mineralien am Meeresboden zu ermöglichen, der bislang nicht gesetzlich geregelt ist. UN-Generalsekretär António Guterres mahnte zum Auftakt der Konferenz, die Weltmeere nicht zum „Wilden Westen“ verkommen zu lassen.
Die Umweltorganisation WWF begrüßt vor allem den bemerkenswerten Einsatz von Deutschland für eine vorsorgliche Pause für Tiefseebergbau. „Der WWF erwartet, dass Deutschland seine starke Hebelwirkung nutzt, um weitere Staaten von einem Moratorium zu überzeugen. Wir brauchen diese Mineralien aus der Tiefsee nicht. Über eine funktionierende Kreislaufwirtschaft könnte der Bedarf bereits gedeckt werden, ohne die weitgehend unerforschte Tiefsee zu zerstören und damit unvorhersehbare Reaktionen in den Ökosystemen auszulösen“, so WWF-Sprecher Axel Krumsiek.
Die Bundesregierung verpflichtete sich in Nizza, mehrere bereits laufende Programme fortzusetzen, insbesondere das Bergen und Vernichten von Altmunition aus der Nord- und Ostsee. Dazu soll ein deutsch-französisches Expertenteam gegründet werden.
Bis 2031 will die Regierung knapp 100 Millionen Euro in den Erhalt und die Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegraswiesen und Algenwäldern investieren. Dadurch soll die CO2-Speicherfähigkeit und die Widerstandskraft der Meere gestärkt werden.
Bei der Konferenz in Nizza wurde zudem ein internationales Forschungsprogramm für den Ozean namens „Mission Neptun“ beschlossen. Der Ozean sei bis heute weniger erforscht als der Mond oder der Mars, heißt es in dem Abschlusstext. Künftig solle jährlich ein Zustandsbericht der Weltmeere vorgelegt werden, um Politiker und Zivilgesellschaft zu informieren.
Vorstoß für Plastikabkommen
Knapp hundert Staaten einigten sich darauf, bei den kommenden Verhandlungen für ein Plastikabkommen im August in Genf darauf zu dringen, dass dieses auch die Produktion von Plastik mit einbezieht.
Auch gründete sich eine Allianz für die Reduzierung von Unterwasserlärm. Umweltschützer bemängeln, dass in der Abschlusserklärung eine Forderung fehle, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden, die maßgeblich mit für die Erderwärmung verantwortlich sind.
Die Umweltorganisation WWF sieht noch Handlungsbedarf beim WTO-Abkommen gegen schädliche Fischereisubventionen. Dort fehlten noch Ratifizierungen von neun Staaten, damit das Abkommen in Kraft treten könne. Franziska Saalmann von Greenpeace sagte zum deutschen Engagement:: „Umweltminister Carsten Schneider hat für den Meeresschutz viel versprochen. Nun kann er zeigen, dass es ihm ernst ist. Deutschland sollte das Hochseeschutzabkommen so schnell wie möglich ratifizieren und auf eine rasche Umsetzung drängen.“
Bettina Taylor vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sieht Nachbesserungsbedarf bei der Einrichtung von nationalen Meeresschutzgebieten. „Vor allem die Grundschleppnetzfischerei muss endlich aus diesen verbannt werden. Die schweren Netze zerstören den Meeresboden, fangen eine Vielzahl ungewollter Lebewesen als Beifang und verursachen sehr viel Unterwasserlärm. Da Deutschland der auf der Konferenz von Kanada und Panama gegründeten Koalition für leisere Meere beigetreten ist, erwarten wir ambitioniertes Voranschreiten der deutschen Regierung um den zunehmenden Unterwasserlärm zu reduzieren.”