Zur Kriegspartei will Trump die USA nicht machen

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Am Sonntagabend wird Donald Trump in Kananaskis, in den kanadischen Rocky Mountains, erwartet. Ministerpräsident Mark Carney lädt zum G7-Gipfel. Eigentlich glaubte man, Trumps Zollkrieg und Russlands Krieg gegen die Ukraine würden im Zentrum der zweieinhalbtätigen Beratungen der Gruppe der großen westlichen Industrienationen stehen. Nach dem israelischen Großangriff auf Iran ist alles anders. Zumal es kein begrenzter Militärschlag war, sondern sich zu einem längeren Krieg auszuweiten scheint. Ein Krieg, der Trump Beweglichkeit abverlangt.

Als Teheran die ersten Vergeltungsschläge vornahm, war es vorbei mit der anfänglichen Linie Washingtons, Israel habe „einseitig“ gehandelt und Amerika sei nicht beteiligt. Noch am Freitag ging das für die Region zuständige amerikanische Zentralkommando dazu über, den Verbündeten bei der Luftabwehr zu unterstützten.

Schon vor der ersten iranischen Angriffswelle hatten sich die amerikanischen Streitkräfte in der Region darauf vorbereitet. Auch im Oktober vergangenen Jahres, als der Oberbefehlshaber noch Joe Biden hieß, hatten die Amerikaner Israel dabei geholfen, Drohnen und ballistische Raketen aus Iran abzufangen.

Trump bat Netanjahu, der Diplomatie noch eine Chance geben

Trump hatte dieses Szenario vermeiden wollen, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Nach dem ersten militärischen Erfolg der Israelis in der Nacht zu Freitag bemühte er sich aber schnell klarzustellen, dass seine Regierung Israel wie keine andere unterstütze – und die Operation „exzellent“ gewesen sei.

In den Tagen vor Beginn der israelischen Angriffe hatte Trump noch auf der Bremse gestanden. Als er vor einer Woche mit seinem Team in Camp David, dem Landsitz der Präsident im Umland von Washington, zusammenkam, war seine Zuversicht, mit dem Regime in Teheran einen Deal im Atomkonflikt schließen zu können, die er vor einigen Wochen noch hatte, zwar schon verflogen. Doch, obwohl die 60-Tage-Frist, die er Irans Oberstem Führer Ajatollah Ali Khamenei gesetzt hatte, einer Vereinbarung zuzustimmen, nun auslief, hoffte er noch auf eine weitere Verhandlungsrunde. An diesem Sonntag sollte sich sein Sondergesandter Steve Witkoff eigentlich mit der iranischen Delegation in Oman zusammensetzen.

Einen Tag nach dem Treffen in Camp David telefonierte der Präsident mit Netanjahu: Er möge sich noch mit einem Angriff zurückhalten, sagte Trump, und der Diplomatie noch eine Chance geben, berichtete nun das „Wall Street Journal“, das sich auf Personen im Weißen Haus beruft. Netanjahu drängte weiter. Seit Monaten versuchte er Trump zu erklären, dass die Iraner sich nicht auf eine Verhandlungslösung einlassen würden. Tatsächlich lehnte Khamenei die amerikanische Forderung, nur noch befristet Uran anreichern zu dürfen, ab.

Iran sagte Treffen in Oman ab

Am Mittwochabend, als Trump mit First Lady Melania im Kennedy Center in Washington erschien, um sich „Les Misérables” anzuschauen, bestätigte er, dass das State Department sein Personal im Nahen Osten reduziere und auch das Pentagon Familienangehörige ausfliege. Die Region könnte ein gefährlicher Ort werden, sagte er. Lindsey Graham, sein Verbündeter aus dem Senat, ging in dem Kulturzentrum auf den Präsidenten zu und lobte ihn für sein Vorgehen im Atomkonflikt. Schließlich würden keine Leute sterben. Er versuche es, erwiderte Trump, fügte dann aber hinzu: Manchmal bleibe einem aber nichts anderes übrig.

Am Donnerstag telefonierten Trump und Netanjahu abermals. Der Ministerpräsident war entschlossen. Trump soll nun entgegnet haben: Er stehe ihm nicht im Weg. Seine Streitkräfte würden die Israelis aber nicht unterstützen. Das war dann auch der Tenor der ersten Reaktion von Außenminister Marco Rubio auf den israelischen Angriff: Amerika sei nicht beteiligt.

Das hatte freilich nur wenige Stunden Bestand. Dann verteidigten amerikanische Soldaten den Verbündeten. Und Trump versuchte nun, den Militärschlag zu nutzen, um Teheran doch noch zum Einlenken auf dem Verhandlungswege zu bewegen: Der schnellste Weg für eine friedliche Lösung des Konfliktes wäre es für Teheran, sein Atomprogramm aufzugeben. Das Regime sagte aber seine Teilnahme an der geplanten sechsten Runde in Oman ab.

Bunkerbrechende Bomben besitzt Israel nicht

Am Wochenende telefonierte Trump auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und sprach mit ihm über den Nahen Osten. „Er ist wie ich der Meinung, dass dieser Krieg in Israel und dem Iran beendet werden muss, woraufhin ich ihm erklärte, dass auch sein Krieg beendet werden muss”, schrieb Trump danach mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am Samstag in seinem Online-Netzwerk Truth Social. Iran warnte er dort am Sonntag vor einem Angriff auf die USA. In einem solchen Fall werde „die gesamte Stärke und Macht der US-Streitkräfte in einem noch nie dagewesenen Ausmaß auf Euch niedergehen“.

Sollte sich der Krieg zwischen Israel und Iran in die Länge ziehen, könnte das Pentagon mehr Soldaten in die Region verlegen, auch um die eigenen Stützpunkte im Nahen Osten besser zu sichern. Am Freitag wurden drei Drohnen abgefangen, die die amerikanisch-geführte multinationale Luftwaffenbasis Al Asad im westlichen Irak ansteuerten.

Fachleute sind sich einig, dass ein militärischer Erfolg Israels davon abhängt, ob es den IDF, den israelischen Streitkräften, gelingt, die Urananreicherung in Fordow auszuschalten. Die unterirdische Anlage, die auf einem früheren Stützpunkt der Revolutionsgarden 30 Kilometer nordöstlich von Qom liegt, ist offenbar bisher weitgehend unbeschädigt.

Für eine Eliminierung benötigt man bunkerbrechende Bomben, über die Israel nicht verfügt. Deshalb hoffen einige in der Netajahu-Regierung, dass Trump doch noch entscheidet, sich begrenzt an den Militärschlägen zu beteiligen. Der Präsident stünde vor einem Dilemma:

Mit der Zerstörung des Herzstückes des iranischen Atomprogramms in einem Moment militärischer Schwäche des Regimes könnte er Fakten schaffen und einen Konflikt, der die internationale Politik zwei Jahrzehnte lang beschäftigt hat, auflösen. Er würde die USA aber zur Kriegspartei machen – was er nie wollte. Und seine MAGA-Bewegung schon gar nicht.