Europa überholt die USA bei Militärhilfen an Kiew

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Europa hat erstmals seit Juni 2022 die USA bei der bereitgestellten Militärhilfe für die Ukraine übertroffen. Das geht aus dem aktualisierten „Ukraine Support Tracker“ des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor, der die staatlichen Regierungshilfen an Kiew bis April 2025 erfasst. Demnach hat Europa seit Kriegsbeginn militärische Güter im Wert von insgesamt 72 Milliarden Euro bereitgestellt, während die USA auf 65 Milliarden Euro kommen. „Es ist bemerkenswert, dass Europa die Lücke geschlossen hat“, sagte der Leiter des „Ukraine Support Trackers“, Christoph Trebesch.

Es bleibe abzuwarten, ob es sich um einen vorübergehenden Anstieg handele „oder ob dies den Beginn einer dauerhaften Veränderung der Rolle Europas als Hauptunterstützer der Ukraine markiert“. Washington hat laut dem IfW Kiel seit Januar, zum Amtsantritt des US-Präsidenten Donald Trump, keine neuen Hilfen mehr angekündigt. Schon zuvor hatte Europa die USA laut dem „Ukraine Support Tracker“ bei der nichtmilitärischen Hilfe überholt.

Den Daten zufolge stieg sowohl die militärische als auch die humanitäre Unterstützung aus Europa an Kiew zwischen März und April stark an. In diesem Zeitraum sind demnach 10,4 Milliarden Euro an Militärhilfe und 9,8 Milliarden Euro an humanitärer sowie finanzieller Hilfe zugesagt worden – dies sei der höchste Zwei-Monats-Wert seit Beginn des Ukrainekriegs.

Die nordischen Staaten haben ihre Unterstützung deutlich gesteigert

Die Forscher betonen jedoch, dass die neuerlichen Zusagen nicht gleichmäßig unter den europäischen Staaten verteilt seien. So hätten vor allem die nordischen Länder und Großbritannien ihre Unterstützung deutlich gesteigert, während andere Staaten wie Deutschland „moderate Beträge leisten“. Demnach hat Berlin im laufenden Jahr 650 Millionen Euro an Hilfen bereitgestellt, was einen Rückgang von etwa 70 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2024 bedeute.

Dagegen hätten die nordischen Staaten von Januar bis April insgesamt 5,8 Milliarden Euro zugesagt, Schweden allein im März 1,6 Milliarden Euro. Großbritannien habe 2025 4,5 Milliarden Euro an Hilfen zugesagt, Frankreich 2,2 Milliarden: Darunter teils auch Geld, das nicht aus den laufenden Haushalten, sondern eingefrorenen russischen Vermögenswerten stamme.

Die Bundesregierung, die seit Anfang Mai im Amt ist, veröffentlicht keine Informationen mehr über Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie begründete die Veränderung in der Kommunikation über Waffenhilfen mit einer „strategischen Ambiguität“: Russland solle dadurch keine Vorteile mehr erhalten. Die Website, auf der zuvor die deutschen Waffenlieferungen festgehalten wurden, sei im Mai abgeschaltet worden, heißt es vom IfW Kiel. Die Daten zu den Militärhilfen bis April dieses Jahres konnten also noch nachvollzogen werden; der neue Ansatz der Bundesregierung könne den deutschen Rückgang nicht erklären.

Trotz des scheinbaren Einbruchs der Hilfen zählt das IfW Kiel Deutschland weiterhin zu den größten Waffenlieferanten in der EU seit Kriegsbeginn mit Zusagen im Wert von insgesamt rund 32 Milliarden Euro, wovon Güter über elf Milliarden Euro bereits bereitgestellt wurden. Großbritannien kommt demnach auf Zusagen von 20 Milliarden Euro – Waffen im Wert von 14 Milliarden Euro wurden bereits bereitgestellt. Man sehe „einen drastischen Rückgang deutscher Hilfen im Vergleich zu den Vorjahren“, sagte Forschungsleiter Trebesch. Das Gleiche gelte für Italien und Spanien. Die Bedeutung der nordischen Länder werde nach Ausbleiben der US-Hilfen hingegen noch deutlicher.