Für die Versteigerung einer Fläche für einen 1-Gigawatt-Windpark in der deutschen Nordsee haben sich nur zwei Bieter gefunden. Den Zuschlag erhielt North Sea OFW One GmbH, eine Projektgesellschaft des französischen Ölkonzerns Total Energies. Damit hat sich Total nun ein Portfolio von 7,5 Gigawatt für Offshore-Windparks in Deutschland gesichert, mehr als jedes andere Unternehmen.
Die jetzt ersteigerte Fläche mit dem Namen N-9.4 hat 146 Quadratkilometer. Der Park reicht rechnerisch für die Versorgung von gut einer Million Haushalte. Er muss im Jahr 2032 ans Netz angeschlossen werden. Wie die Bundesnetzagentur auf ihrer Website vermeldete, erging der Zuschlag zu einem Preis von 180.000 Euro je Megawatt-Stunde, also 180 Millionen Euro für den ganzen Park.
Damit liegt der Erlös dieser Auktion nur noch bei einem Zehntel dessen, was im Sommer 2023 erzielt wurde, als Flächen für sieben Gigawatt für 12,6 Milliarden Euro versteigert wurden. Schon 2024 waren die Gebote deutlich niedriger mit drei Milliarden Euro für 2,5 Gigawatt. Die jetzt versteigerte Fläche hätte aufgrund ihrer Lage am Rande der ausschließlichen Wirtschaftszone in der Deutschen Bucht eine sehr hohe Windausbeute erwarten lassen.
Der Strompreis ist für Investoren unkalkulierbar
Das mäßige Interesse sei ein Warnsignal, kommentierte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie Offshore BWO, in einer Pressekonferenz zum Ergebnis der Auktion. Die Risiken für Windpark-Entwickler seien ohnehin schon gestiegen durch geopolitische Spannungen und Lieferengpässe. Das derzeitige Auktionsverfahren belaste Investoren zudem mit schwer prognostizierbaren Risiken, wodurch die Kapitalkosten stiegen. „Das wird den wirtschaftlichen Realitäten nicht gerecht“, ist Thimm überzeugt.
Zur Abhilfe schlägt der Verband vor, dass die unkalkulierbare Strompreis-Entwicklung in einem zweiseitigen Contract for Difference (CfD) abgefangen wird. Dabei kalkuliert der Investor sein Angebot auf Grundlage seiner Betriebskosten und bekommt Ausgleichszahlungen für besonders niedrige Strompreise, während ein höherer Strompreis abgeschöpft würde. Das wäre ein Vorteil für alle, rechnet BWO-Chef Thimm vor. Der Entwickler habe eine höhere Investitionssicherheit, die Realisierungschance für den Windpark erhöhe sich und der Strompreis könne günstiger sein.
Dass der Contract for Difference auch seine Tücken hat, zeigte sich allerdings im Jahr 2023 in Großbritannien. Hier fand sich für eine Ausschreibung kein einziger Bieter, weil die Höchstmarke (strike price) so niedrig angesetzt war, dass der Preis für die Projektierer wirtschaftlich nicht attraktiv war. Auch in Dänemark gab es voriges Jahr eine Ausschreibung ohne einen einzigen Bieter. In diesem Fall sei der Misserfolg der Auktion darin begründet, dass der Staat zwingend am Windpark beteiligt werden sollte, erklärte BWO-Chef Thimm. In Deutschland laufen die nächsten Ausschreibungen für zwei zentral voruntersuchte Flächen für Parks mit insgesamt 2,5 Gigawatt im August aus.
Neuerdings ist “Overplanting“ vorgeschrieben
Regulatorische Hürden dürften Investoren auch in Deutschland abschrecken, warnt der BWO, obwohl hier die natürlichen Voraussetzungen durch niedriges Wasser und kontinuierlich hohe Windstärken sehr gut seien. Im Fall der Fläche N-9.4 wurde erstmals das sogenannte Overplanting vorgeschrieben. Das bedeutet, dass zehn bis 20 Prozent Windräder mehr installiert werden müssen, als für eine Netzanschlusskapazität von einem Gigawatt theoretisch nötig wären – um die Netzkapazität auch beim Ausfall einzelner Anlagen möglichst optimal auszunutzen. Die Kosten für die zusätzlichen Windanlagen dürften aber Hunderte von Millionen Euro betragen.
Auch die strengen Realisierungsfristen sind nach Einschätzung von Thimm letztlich hinderlich für den Ausbau der Offshore-Energie. So müssen nach dem Windenergie-auf-See-Gesetz innerhalb von sechs Monaten nach dem Fertigstellungstermin der Netzanbindung mindestens 95 Prozent der Windanlagen in Betrieb genommen sein – andernfalls drohen hohe Strafzahlungen oder sogar der Widerruf des Zuschlags. „Ein scharfes Schwert“, urteilt Thimm. Schon wegen der Lieferengpässe für Materialien und der Komplexität der Projekte sei diese Frist viel zu kurz, optimal wären 18 Monate. Vor allem aber, so fordert der BWO, sollte die Frist nicht obligatorisch zu Strafen führen, sondern die Netzagentur sollte die Gründe für die Verzögerung prüfen: „Jeder Investor hat doch eine intrinsische Motivation, so schnell wie möglich seinen Park in Betrieb zu nehmen.“