Wer heute einen Thermomix bestellt, kann schon einmal Kürbisrezepte raussuchen. Bis der 1549 Euro teure Küchen-Alleskönner des Wuppertaler Unternehmens Vorwerk neben dem Herd steht, dauert es nämlich nach den aktuellen Lieferzeiten bis Ende Oktober. Dass der Thermomix beliebt ist, wissen sie in dem Familienunternehmen von der Wupper, aber von der hohen Nachfrage nach der neuen Variante der Küchenmaschine, die mixt und gart und rührt, waren sie bei Vorwerk trotzdem überrascht. Mitte Februar wurde das jüngste Modell vorgestellt und seit April ausgeliefert. Mehr als 300.000 Geräte seien schon bestellt worden, sagte der Vorstandssprecher Thomas Stoffmehl zur Vorlage der Jahresbilanz am Dienstag.
„Wir wissen, wir haben aktuell lange Wartezeiten“, sagte Stoffmehl. In der Spitze seien es sogar 23 Wochen gewesen. Man arbeite aber daran, die Lieferzeit zu reduzieren, mit neuen Logistikzentren und Produktionsgebäuden, die die Herstellung und Auslieferung beschleunigen sollen. Zum Start der Auslieferungen hatte Vorwerk knapp 80.000 Geräte auf Lager.
Produktion wird gerade hochgefahren
Wenn die Produktion komplett hochgefahren ist, rechnet das Unternehmen mit rund 6000 Geräten am Tag. Stoffmehl sieht das aber entspannt: „Wir sind überhaupt nicht in Verzug gemessen an den Dingen, die wir uns vorgenommen haben.“ Auch bei früheren Thermomix-Varianten habe es lange Wartelisten gegeben und das Unternehmen in der Corona-Krise schon ganz andere Herausforderungen in der Lieferkette erlebt. „Das ist nichts, was uns irgendwie in die Parade fährt“, sagte Stoffmehl.
Allein in seinem Koch-Bereich rechnet Vorwerk damit, in diesem Jahr zwei Milliarden Euro umzusetzen, was 18 Prozent mehr wären als im Vorjahr und so viel wie nie zuvor. Der Thermomix ist das mit Abstand wichtigste Produkt von Vorwerk, es steht für 54 Prozent der Umsätze des 140 Jahre alten Familienunternehmens. 173 Millionen Euro hat Vorwerk in den vergangenen vier Jahren in die Entwicklung des TM7 gesteckt und im Vorjahr 130 Millionen Euro in neue Produktionsgebäude investiert. Für die Neuentwicklung nimmt das Unternehmen Margenrückgänge in Kauf, so ist das operative Jahresergebnis des Konzerns mit 216,8 Millionen Euro etwas mehr als ein Viertel niedriger als im Vorjahr.
Deutschland ist der größte Markt
In Deutschland werden die meisten Thermomix-Geräte verkauft, 477 Millionen Euro der insgesamt 1,7 Milliarden Euro kommen aus dem Heimatmarkt. Zwar war das Geschäft im vergangenen Jahr mit 3,2 Prozent minus leicht rückläufig, aber lag dennoch „erheblich über den Erwartungen“, wie es im Geschäftsbericht heißt. Vorwerk hatte mit mehr Kaufzurückhaltung vor der neuen Produktgeneration gerechnet, ist aber zufrieden damit, wie sich selbst das Vorgängermodell noch verkauft. Im vergangenen Jahr wurden 1,2 Millionen Stück in 58 Ländern verkauft. Auch die Rezeptplattform Cookidoo wächst weiter: Mehr als sechs Millionen Abonnenten hat Vorwerk dort, bis zu 60 Euro im Jahr zahlen die Kunden dafür.
Noch nicht zufrieden ist der Vorwerk-Vorstand hingegen mit dem Staubsaugergeschäft, das vor allem für die Marke Kobold bekannt ist. „Wir haben die Ziele bei Kobold nicht erreicht. Punkt“, sagte Stoffmehl. Mit einem Umsatz von 777 Millionen Euro verzeichnete Vorwerk dort ein Minus von 9,7 Prozent. Das lag zum einen an Kaufzurückhaltung. Viel wichtiger aus Sicht des Vorstands war aber, dass nicht ausreichend Berater für den Verkauf gewonnen werden konnten.
Produkte werden im Direktvertrieb verkauft
Wie auch beim Thermomix setzt Vorwerk beim Kobold auf das Modell des Direktvertriebs, bei dem Vertreter die Geräte bei den Kunden vor Ort vorstellen. Rund 115.000 dieser nicht fest angestellten Berater zählt Vorwerk inzwischen, im Unternehmen arbeiten etwas mehr als 9500 Beschäftigte.
Zum ersten Mal hat Vorwerk bei dem Staubsaugermodell Kobold eine Umtauschaktion „Alt gegen Neu“ gemacht, in Zukunft will das Unternehmen auch stärker gebrauchte Geräte verkaufen. In der neuen Strategie spiele Nachhaltigkeit eine größere Rolle, sie müsse aber auch einen Beitrag zum Wachstum leisten, sagte Stoffmehl. Vor allem beim Thermomix sei ein großes Interesse an gebrauchten Geräten sichtbar. Da arbeite Vorwerk noch an einem Verkaufsmodell. „Bei uns gibt es kein Geschäft an Beraterinnen und Beratern vorbei. Wir sind nicht Amazon“, sagte Stoffmehl.
Insgesamt hat die Vorwerk-Gruppe im vergangenen Jahr rund 3,2 Milliarden Euro umgesetzt und damit in etwa so viel wie ein Jahr zuvor. Neben dem Thermomix- und dem Kobold-Geschäft gehört auch noch die AKF-Bank zur Gruppe.