Die Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Israel mache mit seinem Angriff auf Iran gerade die „Drecksarbeit“ für den ganzen Westen, sorgt für Kritik der Opposition, aber auch beim Koalitionspartner SPD. Merz hatte während des G-7-Gipfels in Kanada dem ZDF gesagt, er habe „größten Respekt davor, dass die israelische Armee den Mut dazu gehabt hat, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen“. Der zum linken SPD-Flügel gehörende Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner nannte die Äußerung des Kanzlers „mehr als befremdlich“. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Agnieszka Brugger kritisierte die Wortwahl von Merz. Außenminister Johann Wadephul (CDU) forderte Iran am Mittwoch dazu auf, die Verhandlungen über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen.
In der Sache zeigte Stegner sich kritischer als die Oppositionspolitikerin Brugger. Der SPD-Abgeordnete machte deutlich, dass er das Vorgehen für einen Verstoß gegen das Völkerrecht hält. „Mit einer solchen Diktion suggeriert Herr Merz selbst, dass die militärische Attacke Netanjahus gegen den Iran mutmaßlich völkerrechtswidrig war.“ Für einen Vertreter Deutschlands sei jedwede öffentlich geäußerte Erleichterung völlig unangebracht. „Das gilt erst recht, wenn man die fraglos erheblichen Eskalationsgefahren mit einbezieht“, sagte der Sozialdemokrat.
„So redet man nicht über einen Krieg, bei dem unschuldige Menschen sterben“
Brugger schrieb auf der Plattform X, die Lage sei gefährlich, viele Details unklar. „Wir können und müssen über vieles diskutieren.“ Klar sei aber: „So redet man nicht über einen Krieg, bei dem auf beiden Seiten unschuldige Menschen sterben. Gerade als Bundeskanzler.“ Sie wandte sich dagegen, „derart zynisch über solche schwerwiegenden Fragen von Krieg und Frieden“ zu sprechen. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte dem Sender Welt TV: „Ich halte die Wortwahl für ungeschickt.“ In Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime – „und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten“. Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen. „Aber natürlich wäre es wünschenswert für ganz viele Menschen auf dieser Welt und insbesondere auch für die Menschen im Iran und in Israel, wenn das Mullah-Regime fallen würde.“
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), verteidigte Merz. „Der Bundeskanzler spricht die Wahrheit aus“, sagte Hardt der F.A.Z. Teherans Atombombe würde ganz konkret jeden einzelnen Deutschen bedrohen. „Die Mullahs werden dann mit ihren Attacken aufhören, wen sie erkennen, dass sie alleine stehen und nicht auf eine Spaltung der demokratischen internationalen Gemeinschaft setzen können“, fügte Hardt hinzu. „Auch Druck und Klarheit sind Instrumente der Diplomatie.“
Wadephul sagte, Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien dazu bereit, die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm wieder aufzunehmen. Erforderlich dafür seien jetzt vertrauensbildende Maßnahmen der iranischen Führung, äußerte der Minister in einer Pressekonferenz mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi in Berlin. „Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen, wenn man in ehrlicher Absicht kommt“, sagte Wadephul.
Sören Pellmann, Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Linken, stellte das Vorgehen Israels ebenfalls als völkerrechtswidrig hin und kritisierte Merz: „Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines ,Rechts des Stärkeren‘ einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv.“