Seit mehr als fünf Jahrzehnten prägt Heikedine Körting die Welt der Hörspiele. Als Produzentin von Klassikern wie “Die drei ???” erreicht sie bis heute Millionen. t-online traf sie in ihrem Hamburger Studio.
Auf ihrem drehbaren Regiestuhl mit dem roten Polster ist Heikedine Körting ganz in ihrem Element: Sie schraubt an unzähligen Reglern, drückt Knöpfe auf ihrem Mischpult, lauscht konzentriert, ruft entschieden “Noch mal!” – und wird zur Dirigentin eines unsichtbaren Orchesters.
Ihr gegenüber, hinter einer Schallschutzwand mit einem großen Fenster, sitzen die Sprecher: Hier entstehen die Stimmen zu den Hörspielen, die seit Jahrzehnten in (unzähligen) Kinderzimmern zu hören sind.
Während draußen längst Spotify und andere Musikstreaming-Dienste dominieren, ist drinnen noch alles wie früher. Nur die Protagonisten sind etwas älter geworden: Heikedine Körting feiert am 18. Juni ihren 80. Geburtstag – und mit ihr Millionen Hörerinnen und Hörer, die mit ihren Produktionen aufgewachsen sind.
Körting, die nie das Rampenlicht suchte, hat mit mehr als 3.000 Hörspielen das Fundament gelegt für eine der weltweit erfolgreichsten Kinderhörspieltraditionen. Ihre bekanntesten Werke – “Die drei ???”, “TKKG”, “Fünf Freunde” – begleiteten Generationen von Kindern (und Erwachsenen) durch verregnete Nachmittage, lange Autofahrten und Einschlafrituale.
Auch Persönlichkeiten wie der Komiker Bastian Pastewka, der Schauspieler Daniel Brühl oder die Hip-Hop-Gruppe Fettes Brot zählen zu den Fans der drei Fragezeichen – und wirkten bereits in Folgen der Hörspielserie mit. In “Hexenhandy” etwa schlüpft Pastewka in die Rolle eines verrückten Erfinders, der als Hexe verkleidet Kinder und Jugendliche entführt – um ein Mobilfunkunternehmen zu diskreditieren. Besonders sein diabolisches Lachen dürfte Zehntausenden Kindern einen Schrecken eingejagt haben.
Aufgenommen werden die Folgen in dem Studio Körting – das “Herzstück” des Hauses, wie Körting es nennt –, einer prächtigen Villa in der Rothenbaumchaussee in Hamburg. In dem Studio haben die drei Fragezeichen Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews eine feste Sitzordnung. Seit 1979 leihen Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich den drei Detektiven aus der fiktiven kalifornischen Ortschaft Rocky Beach ihre Stimmen – damals noch Teenager, heute längst Prominente von Ende 50 bis Anfang 60 Jahren.
Körting nennt sie eine “wunderbare Konstante” – und sagt: “Für mich sind sie wie Kinder.” Und doch lässt sie sich bis heute siezen, schließlich waren die drei zu Beginn der Aufnahmen noch minderjährig. Eigene Kinder hat Körting nicht, aber mittlerweile sechs Patenkinder, von denen sie stolz berichtet.
Geboren wurde Heikedine Körting am 18. Juni 1945 in Thalbürgel, einem kleinen Ort nahe Jena. Aufgewachsen ist sie in Lübeck, wo sie ihre Kindheit im sogenannten “Tor der Hoffnung” verbrachte – einer heute denkmalgeschützten Wohnanlage mit Park.
Körting war nicht die fleißigste Schülerin, blieb oft vom Unterricht fern, um sich mit Freundinnen und Freunden zu treffen – und ist in der 12. Klasse sitzengeblieben, wegen zwei Fünfen in Deutsch und Englisch. Auch später war sie rastlos, wollte zunächst Medizin studieren, entschied sich dann aber für Jura. Um sich ihr Studium zu finanzieren, zog sie einen kleinen Second-Hand-Laden auf, “Klimbim”. Dieser war so erfolgreich, dass ihre Mutter darin aushelfen musste.
Anfang der Sechzigerjahre lernte sie den Musikwissenschaftler und Physiker Andreas E. Beurmann kennen – und später auch lieben. Beurmann, der das Hörbuchlabel Europa gegründet hat, gilt als Hörspielpionier Deutschlands. Er wurde zum Mentor Körtings, die beiden heirateten 1979.