Mark Zuckerberg ist offenbar bereit, astronomische Gehälter zu bezahlen, um die Aussichten des von ihm geführten Internetkonzerns Meta auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz zu verbessern. Sam Altman, Mitgründer und Vorstandschef des ChatGPT-Entwicklers Open AI, hat jetzt in einem Podcast von „gigantischen Angeboten“ erzählt, mit denen Zuckerberg versucht habe, „viele“ Mitarbeiter seines Unternehmens abzuwerben. Der Meta-Chef habe mehr als 100 Millionen Dollar Jahresgehalt versprochen – und obendrauf 100 Millionen Dollar allein als Bonus für das Wechseln des Arbeitgebers.
Dass Spitzentalente auf dem Gebiet der KI üppige Gehälter aushandeln können, ist nicht neu. Aber die nun von Altman genannten Summen stoßen in eine bislang kaum gekannte Dimension vor. Der Chef von Open AI nannte die Beträge selbst „verrückt“. Und er sagte, zumindest bislang habe „niemand von unseren besten Leuten“ Zuckerbergs Angebot angenommen.
Die Aussagen des Chefs von Open AI konkretisieren, was in den vergangenen Wochen schon durchgesickert ist. Die „New York Times“ hatte kürzlich schon berichtet, Meta habe versucht, KI-Spezialisten von Unternehmen wie Open AI und Google abzuwerben und dabei Gehaltspakete in sieben- bis neunstelliger Höhe geboten. Die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ schrieb, Zuckerberg sei persönlich in die Rekrutierungsaktion involviert gewesen und habe Wunschkandidaten zu sich nach Hause eingeladen. Einige von ihnen habe er tatsächlich mit Erfolg abgeworben, darunter Jack Rae, der vorher für Googles KI-Sparte Deepmind gearbeitet hat. Andere hätten Zuckerbergs Avancen abgelehnt.
Alexandr Wang von Scale AI
Die Personaloffensive von Meta zielt offenbar zumindest zum Teil darauf ab, ein neues Labor für besonders futuristische KI-Systeme möglichst gut zu besetzen. Es soll sich mit der Entwicklung einer bislang noch nicht existierenden „Superintelligenz“ befassen, also mit Technologien, die dem Menschen in der Bewältigung intellektueller Aufgaben überlegen sind.
Mit diesen Anstrengungen rund um Superintelligenz hängt auch eine andere sehr teure Transaktion zusammen, die Meta erst in der vergangenen Woche eingefädelt hat. Der Konzern übernimmt einen Anteil von 49 Prozent am KI-Spezialisten Scale AI und zahlt dafür mehr als 14 Milliarden Dollar. Im Zuge dieser Vereinbarung soll Alexandr Wang, der Mitgründer und Vorstandschef von Scale AI, zu Meta wechseln und dort eine führende Rolle im Team für die Entwicklung von Superintelligenz bekommen. Neben Wang sollen auch andere Mitarbeiter von Scale AI künftig für Meta arbeiten.
Die Rekrutierung von Wang und seinen Kollegen dürfte nach Ansicht von Beobachtern ein wesentlicher Grund für die Beteiligung gewesen sein. In der jüngsten Zeit gab es eine Reihe ähnlicher Transaktionen in der Branche, bei denen das Anwerben von KI-Spezialisten eine größere Rolle gespielt haben dürfte.
Keine großartige Kultur?
Microsoft schloss im vergangenen Jahr ein auf 650 Millionen Dollar dotiertes Lizenzabkommen mit Inflection AI und heuerte im Rahmen dieser Transaktion mehrere ranghohe Mitarbeiter des Unternehmens an. Dazu zählt Mustafa Suleyman, der einst Deepmind mitgegründet hat. Google zahlte vor knapp einem Jahr 2,7 Milliarden Dollar für ein Lizenzabkommen mit dem Unternehmen Character Technologies und rekrutierte dabei dessen Gründer Noam Shazeer und Daniel De Freitas. Die beiden hatten früher schon einmal für Google an KI-Projekten gearbeitet. Shazeer gehörte zum Entwicklungsteam der berühmt gewordenen Transformer-Architektur, einem zentralen Baustein für viele KI-Technologien, für den das „T“ in ChatGPT steht.
Zuckerberg hat gute Gründe, sein KI-Team zu verstärken, denn Meta gilt auf diesem Gebiet verglichen mit Wettbewerbern wie Open AI nicht als führend. Das Unternehmen hat zuletzt auch für einige Enttäuschungen gesorgt. Eine besonders leistungsstarke Version seiner KI-Modellgeneration Llama 4 musste Medienberichten zufolge verschoben werden. Außerdem gab es Vorwürfe, Meta habe Testverfahren für seine jüngsten KI-Modelle manipuliert, um sie in ein besseres Licht zu rücken.
Sam Altman fällte jetzt in dem Podcast ein vernichtendes Urteil über Metas KI-Kompetenz: „Ihre gegenwärtigen KI-Anstrengungen haben nicht so gut funktioniert, wie sie sich das erhofft haben.“ Weiter sagte er, er halte Meta im Gegensatz zu Open AI nicht für ein Unternehmen, das „großartig in punkto Innovation“ sei.
Die Strategie, mit einem riesigen garantierten Gehalt zu locken und dies anstatt der Unternehmensmission zum Hauptargument in Abwerbeversuchen zu machen, schaffe keine großartige Kultur. Mitarbeiter von Open AI seien der Auffassung, in einer viel besseren Position zu sein, Superintelligenz zu entwickeln – und letztlich auch für ein wertvolleres Unternehmen zu arbeiten. Mit Blick auf die Innovationskulturen von Open AI und Meta sagte Altman: „Wir verstehen viele Dinge, die sie nicht verstehen.“
Altman sagte weiter, Meta sehe Open AI heute als seinen „größten Wettbewerber“ und habe die Sorge, ChatGPT könne für viele Menschen zu einem Ersatz für Facebook werden. Die Online-Publikation „Verge“ hatte unlängst berichtet, Open AI arbeite selbst an einem sozialen Netzwerk.
Nach Angaben von „Levels.fyi“, einer Plattform, die Gehaltsinformationen in Unternehmen sammelt, lagen die Jahresgehälter für Softwareentwickler bei Open AI zuletzt zwischen 238.000 Dollar und 1,3 Millionen Dollar. Die Spanne bei Meta reichte von 212000 Dollar bis 3,7 Millionen Dollar. All diese Summen liegen freilich weit unter den Beträgen, die Zuckerberg derzeit offenbar im Werben um die KI-Elite verspricht.