Schüler stellen auf Konferenz die Bankelite zur Rede

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Italien verliert einen erheblichen Teil seiner Jugend. Im vergangenen Jahr haben mehr als 91.000 junge Menschen das Land verlassen – mehr als viermal so viele wie 2010. Der wichtigste Bankier Italiens, Carlo Messina vom italienischen Marktführer Intesa Sanpaolo, benannte auf einer Konferenz in Mailand den wichtigsten Grund: die niedrigen Gehälter. Sie immer nur mit der geringen Produktivität ins Verhältnis zu setzen, sei „dogmatisch“.

Dies sei „in Unternehmen, die viel Gewinn machen, eine Ausrede, um die Gehälter nicht zu erhöhen“, sagte er. Doch die Lohnverhandlungen funktionieren schlecht in Italien. Die Zahl der Branchentarifverträge ist stark gewachsen und mit ihnen auch die Zahl zerstrittener Verhandlungsparteien auf Seite der Sozialpartner. Daher geht es an der Gehaltsfront abwärts, wie der Ökonom Francesco Giavazzi in einem Zeitungsbeitrag beklagte. Die Bruttovergütung der italienischen Bevölkerung zwischen 25 und 30 Jahren ist seit 2022 real gesunken.

Was also tun gegen den „brain drain“? Seit Jahren kämpft dagegen die italienische Bildungsstiftung Osservatorio Permanente Giovani-Editori, indem sie bei sehr jungen Menschen ansetzt. In den vergangenen drei Tagen hat die Stiftung 360 junge Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren aus Italien und mehreren europäischen Ländern in der norditalienischen Metropole zusammengebracht. Das Ziel: die Schüler zuversichtlich zu stimmen in einer Zeit voller Kriege, Krisen und Donald Trump.

Wann kommt endlich der digitale Euro?

Als Mutmacher versuchte sich ein erheblicher Teil der europäischen Finanzelite, darunter nicht nur Spitzenbänker aus der Privatwirtschaft wie Messina oder Andrea Orcel von Unicredit, sondern auch fünf Zentralbankpräsidenten (aus Deutschland, Frankreich, Portugal, den Niederlanden und Italien) sowie der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Luis de Guindos.

Für Bundesbankpräsident Joachim Nagel gibt es vor allem eine Antwort – Europa. Während der Fragerunden durch die jungen Leute wurde er regelrecht „emotional“, wie er selbst einräumte, als er nach den steigenden Nationalismen in Europa und der Ausbreitung rechtsextremer Kräfte befragt wurde. Nagel berichtete, wie er im vergangenen Jahr „zum ersten Mal in seinem Leben“ in Frankfurt an einer Demonstration teilnahm – gegen den Rechtsextremismus. Für ihn ist die europäische Währungsunion „ein Friedensprojekt“, und er rief das Publikum auf, „die Geschichtsbücher zu lesen“.

Viele Fragen kamen zu den Kryptowährungen auf, auch die eines Schülers, warum es mit dem versprochenen digitalen Euro so lange dauere. Fabio Panetta von der Banca d’Italia bat um Geduld und Verständnis, weil Europa eben ein kompliziertes Gebilde sei. Der digitale Euro sei natürlich auch alles andere als eine Kryptowährung, sondern gut abgesichertes Zentralbankgeld, versprach Panetta. Für Bundesbankpräsident Nagel sind die Kryptowährungen gar keine „Währungen“, weil sie nicht als Zahlungsmittel fungieren, sondern nur als Spekulationsobjekt.

Am Ende unterzeichneten die Zentralbänker die Teilnahme an einem grenzüberschreitenden Erziehungsprojekt, mit dem in den Schulen „ein Vokabular von 50 Schlüsselwörtern aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen“ vermittelt werden soll. Damit sollen die jungen Leute „Zugang zu der Sprache bekommen, die die meistgesprochene Sprache der Welt ist: die Wirtschaft“, wie der Gründer und Präsident der Stiftung, Andrea Ceccherini, sagte.